Die Opfer wurden von Steinen getroffen. In Kairo gibt es massive Polizeipräsenz, mindestens 860 Regierungsgegner sind festgenommen.

Kairo. Bei den Protesten in Ägypten hat es am Mittwoch erneut zwei Tote gegeben. Ein Demonstrant und ein Polizist wurden bei Zusammenstößen im Zentrum der Hauptstadt Kairo getötet, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Damit stieg die Gesamtzahl der Toten bei den seit zwei Tagen andauernden Protesten gegen die Regierung auf sechs. Der Polizist und der Demonstrant wurden den Angaben zufolge von Steinen tödlich getroffen, die von beiden Seiten geworfen wurden.

Die Regierung hatte versucht, mit der Massenfestnahme von Demonstranten ein Anwachsen der Protestbewegung zu verhindern. Einen Tag nach den größten Demonstrationen seit Jahren ging die Führung am Mittwoch rigoros gegen Regierungsgegner vor. Mindestens 860 Demonstranten wurden festgenommen, wie aus Sicherheitskreisen verlautete.

Allein knapp 600 Demonstranten wurden den Angaben zufolge in Kairo verhaftet. Nicht allen Demonstranten drohe eine strafrechtliche Verfolgung, einige würden nach Befragung durch die Polizei wieder auf freien Fuß gesetzt, hieß es. Am Dienstag hatte es in Ägypten die größten Proteste seit Jahren gegeben. Die Demonstranten forderten Präsident Husni Mubarak zum Rücktritt auf.

Trotz aller Behinderungen zogen am Abend über 2.000 Demonstranten auf einem großen Boulevard in Kairo entlang. Dutzende Polizisten stellten sich ihnen entgegen. Auch vorher hatten sich im Tagesverlauf immer wieder ähnliche Szenen abgespielt. Proteste wurden außerdem aus Suez und Assuan gemeldet.

In Suez versammelten sich etwa 1.000 Menschen vor dem Leichenschauhaus und forderten die Herausgabe eines toten Demonstranten, der tags zuvor bei den schweren Zusammenstößen mit der Polizei ums Leben gekommen war. In Assiut ging die Polizei nach Augenzeugenberichten mit Schlagstöcken gegen etwa 100 Demonstranten vor und nahm etwa die Hälfte von ihnen fest.

Das wichtigste Kommunikationsmittel der Oppositionellen, das Soziale Netzwerk Facebook, schien teilweise blockiert zu werden. Bundesaußenminister Guido Westerwelle rief die ägyptische Regierung ungewöhnlich deutlich zur Achtung der Menschenrechte auf.

Zugleich forderte Westerwelle in Berlin alle Beteiligten an den jüngsten Unruhen zu Gewaltverzicht und Zurückhaltung auf. Die Menschen- und Bürgerrechte müssten von allen respektiert werden. Wer sie seinem Volk verweigere, riskiere die Instabilität seiner Gesellschaft. EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton sagte in Brüssel: „Wir fordern die ägyptischen Stellen auf, die Rechte der Ägypter zu respektieren und den Wünschen der Bevölkerung Gehör zu schenken.“

Im Internet nannten Oppositionelle mehrere Orte in Kairo und anderen Städten, an denen sich Demonstranten versammeln sollten. „Ganz Ägypten muss sich bewegen, zu einem festen Zeitpunkt“, hieß es. Die Regierung brachte allerdings tausende Polizisten allein in der Hauptstadt in Stellung. Die Beamten bewachten die Brücken über den Nil, große Straßenkreuzungen und Plätze, das Gebäude des staatlichen Fernsehens und den Sitz der regierenden Nationaldemokratischen Partei.

Bereits am Dienstag waren bis zu 200 Demonstranten festgenommen worden. Bei den Protesten waren zwei Demonstranten und ein Polizist getötet worden. Ein dritter Demonstrant erlag am Mittwoch seinen Verletzungen.

Deutlich zurückhaltender als die deutsche Regierung und die Europäische Union äußerten sich die USA zu den Protesten in Ägypten, das zu den wichtigsten amerikanischen Verbündeten in der arabischen Welt zählt. Außenministerin Hillary Clinton rief die Regierung und deren Kritiker zum Gewaltverzicht auf. Sie erklärte jedoch auch, Ägypten habe eine große Chance, wirtschaftliche, politische und soziale Reformen einzuleiten. Gleichzeitig sprach sie der Führung in Kairo ihr Vertrauen aus. Die Regierung von Präsident Mubarak sei stabil und tue ihr bestes, den Forderungen der Demonstranten entgegenzukommen. (dapd)