Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi kündigt Pressefreiheit und Entlassung politischer Gefangener an.
Tunis/Hamburg. Vor dem Hintergrund neuer Proteste in Tunis und weiteren Städten mit Einsatz von Wasserwerfern hat der amtierende tunesische Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi Reformen angekündigt und sein Interimskabinett vorgestellt. Ghannouchi, der seit 1999 im Amt ist und damit ein Weggefährte des gestürzten und nach Saudi-Arabien geflohenen Staatspräsidenten Zine al-Abidine Ben Ali, versprach, es werde künftig "vollständige Pressefreiheit" im Lande herrschen. Zudem würden alle politischen Gefangenen freigelassen.
Dem neuen Kabinett, das bis zu Neuwahlen im Amt bleiben soll, gehören 19 Minister an. Für Unmut im Volk sorgte der Umstand, dass die Schlüsselressorts Außen, Innen, Finanzen und Verteidigung von den bisherigen Ministern weitergeführt werden sollen. Ferner gehören der neuen Regierung in Tunis drei Politiker der bisherigen Opposition an. Die tunesische Islamistenbewegung erklärte hingegen, sie werde der Regierung der nationalen Einheit nicht beitreten. Wut in der Bevölkerung löste auch ein Bericht der Pariser Zeitung "Le Monde" aus, wonach die Ehefrau Ben Alis, Leila Trabelsi, mit 1,5 Tonnen Gold aus der Zentralbank außer Landes geflohen sein soll. Das Paar soll in einem Palast der saudischen Herrscherfamilie untergekommen sein.