Julian Assanges Anwalt glaubt an Verschwörung gegen seinen Mandanten. Neue Enthüllungen sorgen weltweit für Aufsehen
Berlin/Madrid. Tausende Menschen haben am Wochenende in mehreren Ländern für die Freilassung von WikiLeaks-Gründer Julian Assange demonstriert. Die Festnahme des 39-Jährigen in London sei eine Verschwörung, um die Enthüllungsplattform mundtot zu machen, erklärten die Veranstalter einer Demonstration vor der britischen Botschaft in Madrid.
Dort und in anderen spanischen Städten wie Barcelona, Valencia und Sevilla gingen Hunderte WikiLeaks-Unterstützer auf die Straße. Sie skandierten "Freiheit für Assange!" und forderten, das Recht auf Informationsfreiheit zu achten. Ähnliche Demonstrationen gab es in Assanges Heimat Australien sowie in mehreren Städten in Lateinamerika.
Der Kopf der Enthüllungsplattform hatte sich am vergangenen Dienstag in London der Polizei gestellt und war festgenommen worden, nachdem Schweden ihn unter dem Vorwurf sexueller Vergehen mit EU-weitem Haftbefehl gesucht hatte. Der Anwalt von WikiLeaks-Chef Julian Assange glaubt an eine Verschwörung gegen seinen Klienten, der wegen des Verdachts der Vergewaltigung in Großbritannien festgenommen wurde.
In "Bild am Sonntag" sagte Mark Stephens: "Die Sexsache ist doch nur ein vorgeschobener Tatvorwurf wegen eines Delikts, das die Inhaftierung des Verdächtigen ermöglicht, während die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem eigentlichen, schwereren Verbrechen andauern." Als Drahtzieher vermutet Stephens die USA, wo derzeit ein Verfahren gegen Assange wegen der Veröffentlichung der geheimen Dokumente vorbereitet werde.
Zahlreiche neue WikiLeaks-Enthüllungen haben am Wochenende weltweit für Aufsehen gesorgt. Aus Unterlagen des amerikanischen Außenministeriums geht hervor, dass die US-Diplomaten Spanien als besonders terrorgefährdet einschätzten. Demnach erwogen die USA 2007 die Einrichtung eines "Anti-Terror-, Kriminalitätsbekämpfungs- und Geheimdienstzentrums" in ihrem Konsulat in Barcelona. In der Region lebten "über eine Million Muslime", heißt es in den Unterlagen.
Brisant ist die Veröffentlichung von Geheimdokumenten auch für die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Kolumbien und Venezuela. Aus ihnen geht hervor, dass der frühere kolumbianische Präsident Alvaro Uribe angeblich nicht davor zurückschreckte, seine Soldaten nach Venezuela einmarschieren zu lassen, um die Anführer der Farc-Rebellen festzunehmen. Uribe warf dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez vor, die linksradikalen Rebellen zu unterstützen und ihnen in Venezuela Unterschlupf zu gewähren. Chávez bestritt dies.
In weiteren Dokumenten, die laut WikiLeaks vom US-Außenministerium stammen, bezeichnen US-Diplomaten den gestürzten Präsidenten von Honduras, Manuel Zelaya, als "rebellischen Teenager", der Verbindungen zum organisierten Verbrechen habe.
Der US-Botschafter in Deutschland, Philip Murphy, wird am Mittwoch vor der informellen "Parlamentariergruppe USA" in Berlin sprechen. Bei dem Treffen dürfte die WikiLeaks-Veröffentlichung von US-Diplomatenberichten auch über deutsche Politiker eine zentrale Rolle spielen. Murphy werde auf Einladung des Abgeordneten Hans-Ulrich Klose (SPD) - Regierungskoordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen - vor der Parlamentariergruppe sprechen, sagte ein Botschaftssprecher.