Dramatischer Anschlag in Grosny: Beim Versuch, das Parlament zu stürmen und Geiseln zu nehmen, wurden Terroristen getötet. Es gab viele zivile Opfer.

Moskau/Grosny. Bei einem Angriff schwer bewaffneter Terroristen auf das Parlament der russischen Kaukasusrepublik Tschetschenien sind mindestens 6 Menschen getötet und 17 verletzt worden. Mutmaßliche islamistische Aufständische seien am frühen Dienstag in das Gebäude in der Hauptstadt Grosny gestürmt. Zu dem Zeitpunkt seien wegen einer Sitzung viele Abgeordete gewesen, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörden, Wladimir Markin, nach Angaben der Agentur Interfax.

„Alle Terroristen wurden liquidiert“, sagte Republikchef Ramsan Kadyrow. Zuvor hatten die Angreifer mindestens zwei Polizisten und einen Mitarbeiter des Parlaments getötet sowie Geiseln genommen. Das Fahrzeug mit den Angreifern sei vermutlich unbemerkt in einer Kolonne mit den Autos der Abgeordneten auf das Gelände gelangt, sagte Markin nach einem Telefonat mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin. Einer der Aufständischen habe sich kurz nach Beginn des Angriffs in die Luft gesprengt. Die Leitung des Parlaments und alle Abgeordneten konnten mit gepanzerten Fahrzeugen schnell in Sicherheit gebracht werden, berichtete das Staatsfernsehen.

Innenminister Raschid Nurgalijew informierte sich am Tatort über das Geschehen. Dort untersuchte eine Sondereinheit der Polizei das Gebäude auf Minen. Nurgalijew lobte den Einsatz der Behörden als professionell.

Die Teilrepublik Tschetschenien ist seit fast 20 Jahren der gefährlichste Unruheherd in Russland . Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 kämpft das islamische Kaukasus-Volk um Unabhängigkeit von Moskau . 1994 marschierten russische Truppen in Tschetschenien ein, um den Souveränitätskurs zu beenden. In dem fast zweijährigen Krieg kamen nach Schätzungen bis zu 80.000 Menschen ums Leben.

1996 musste sich Moskau faktisch geschlagen aus der Republik zurückziehen und einen Waffenstillstand akzeptieren. Die Entscheidung über den künftigen politischen Status Tschetscheniens wurde aber aufgeschoben. 1997 unterzeichneten Russlands damaliger Präsident Boris Jelzin und der tschetschenische Militärführer Aslan Maschadow einen Vertrag über Frieden und die künftigen Beziehungen. Die Führung der Kaukasusrepublik interpretierte das Abkommen als Anerkennung seiner Unabhängigkeit.

Moskau lehnte eine Souveränität Tschetscheniens aber weiterhin strikt ab und marschierte erneut ein. Nach einer zweiten militärischen Eroberung 2000 wehrten sich die Tschetschenen jahrelang mit Guerilla-Attacken. Terroristen trugen den Kampf immer wieder nach außen, so bei den Geiselnahmen in einem Moskauer Musical-Theater 2002 und in einer Schule in der nordossetischen Stadt Beslan 2004 mit Hunderten Toten.