In Brüssel protestierten am Mittwoch mindestens 50.000 Menschen gegen den Sozialabbau der EU-Mitgliedsstaaten, in Spanien wurde gestreikt.
Brüssel. Bei mehreren Demonstrationen in ganz Europa sind zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen, um gegen staatliche Sparmaßnahmen und Kürzungen im Sozialbereich zu protestieren. Zehntausende warfen der EU und deren Mitgliedsländern vor, mit ihrer Politik die Armen zu bestrafen und die wirtschaftliche Erholung zu verlangsamen. Allein in Brüssel gingen am Mittwoch nach Schätzungen der Polizei mindestens 50.000 Menschen auf die Straße. Die Gewerkschaften erwarteten 100.000 Teilnehmer. In Spanien fand der erste Generalstreik seit acht Jahren statt , der den öffentlichen Verkehr stark belastete, sonst aber nur geringe Auswirkungen zeigte. Auch in anderen Städten kam es zu Protestaktionen. Die Menschen in Dublin, Lissabon, Rom, Paris, Riga, Warschau, Nikosia, Bukarest, Prag, Vilnius, Belgrad und Athen waren zu Demonstrationen aufgerufen.
An dem Generalstreik in Spanien beteiligten sich nach Angaben der Gewerkschaften zehn Millionen Menschen, das wäre mehr als jeder zweite Arbeitnehmer. Die Regierung bezeichnete diese Zahlen als zu hoch gegriffen: Insgesamt hätten sich lediglich zehn Prozent der Staatsbediensteten und ein Fünftel der Mitarbeiter bei Verkehrsbetrieben in Madrid an dem Ausstand beteiligten. Der öffentliche Verkehr wurde dennoch erheblich gestört, teils kam es zu Fabrikschließungen. Schulen und Krankenhäuser blieben von dem Ausstand weitgehend unberührt. In Barcelona kam es zu Ausschreitungen: Linke Demonstranten zündeten ein Polizeiauto an.
Die Macht der Gewerkschaften ist in den vergangenen Jahren deutlich geschwunden. Sie sprechen derzeit nur noch für etwa 16 Prozent aller Arbeitnehmer. Viele Spanier trotzten daher den Einschränkungen im Nahverkehr und kamen ungeachtet des Streikaufrufs zur Arbeit. „Das Land steckt im Schlamassel, und ähnlich sieht es bei den Finanzen der Leute aus“, sagte der 35-jährige Verkäuferin Arancha Fernandez de Cordoba. „Ich denke, ein Streik würde die Lage nur noch verschlimmern.“ Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero will am Donnerstag seinen Etatentwurf 2011 ins Parlament einbringen. Beamte sollen einen Gehaltsabschlag hinnehmen und Pensionäre eine Nullrunde.
Die Demonstranten in Brüssel fühlten sich für Probleme bestraft, die sie nicht zu verantworten hätten. Für die Banken habe es Milliarden gegeben, für die Arbeitnehmer würden die Sozialausgaben gekürzt. „Das ist nicht in Ordnung“, sagte der deutsche Bergmann Ralf Kutkowski. Die Regierungen argumentieren, die Kürzung der Staatsausgaben sei notwendig, um eine Schuldenkrise wie in Griechenland abzuwenden.
In Irland fuhr ein Mann mit einem Zement-Laster in den Zaun um das Parlamentsgebäude. Auf dem Fahrzeug stand in Anspielung auf die astronomischen Kosten für die Rettung der Anglo Irish Bank „Giftige Bank Anglo“. An einer Demonstration vor dem Parlament in Dublin beteiligten etwa 500 Menschen, darunter auch Abgeordnete der Opposition. Die Demonstranten blieben jedoch nicht lange. Auch in Portugal waren für Mittwoch Proteste geplant. Beide Länder stehen derzeit besonders im Mittelpunkt der Schuldenkrise.