Uri B. soll an dem Attentat auf einen Hamas-Funktionär in Dubai beteiligt gewesen sein. Vor Gericht kommt er aber wegen Fälschung.
Warschau. Mit einem juristischen Kniff geht ein brisantes juristisches Tauziehen zu Ende. Die polnischen Behörden liefern einen mutmaßlichen Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad an Deutschland aus , der in das Attentat auf einen Hamas-Funktionär in Dubai Anfang des Jahres verwickelt sein soll. Ein Berufungsgericht in Warschau bestätigte gestern die Entscheidung der Vorinstanz, die nun innerhalb von zehn Tagen umgesetzt werden muss. Die Anwälte des mutmaßlichen Agenten Uri B. teilten mit, ihr Mandant werde binnen zehn Tagen den deutschen Behörden übergeben.
Uri B. war Anfang Juni am Flughafen in Warschau aufgrund eines europäischen Haftbefehls verhaftet worden. Darin wurden ihm Spionage und der unrechtmäßige Erwerb eines deutschen Ausweises vorgeworfen. Der Pass soll im Zusammenhang mit dem Attentat auf Hamas-Funktionär Mahmud al-Mabhuh am 19. Januar in Dubai verwendet worden sein. Konkret wird B. verdächtigt, im Frühjahr 2009 einem anderen mutmaßlichen Mossad-Agenten geholfen zu haben, beim Einwohnermeldeamt Köln einen deutschen Reisepass zu beantragen. Mit dem auf den Namen Michael Bodenheimer ausgestellten Pass war einer der mutmaßlichen Mörder in Dubai kurz vor dem Anschlag ein- und kurz danach wieder ausgereist.
Ein polnisches Bezirksgericht hatte Anfang Juli der Überstellung Uri B.s nach Deutschland zugestimmt. Die Richter schlossen allerdings eine Anklage wegen Spionage aus. Bei einer Straftat, die ohne Gewaltanwendung aus politischen Gründen begangen worden ist, lehnt die polnische Justiz eine Auslieferung grundsätzlich ab. Gegen dieses erste Urteil hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung Beschwerde eingelegt. Sein Mandant habe aus politischen Motiven gehandelt, das polnische Recht sehe daher keine Auslieferung vor, hatte ein Anwalt des Beschuldigten argumentiert. Israel hatte nach der Verhaftung die direkte Überstellung des Verdächtigen nach Israel gefordert.
Das Warschauer Berufungsgericht bestätigte nun das Urteil der Vorinstanz. Die Auslieferung nach Deutschland ermöglichten die Richter mit einem juristischen Kniff: Sie verfügten, dass B. nur wegen des Vorwurfs der Urkundenfälschung an Deutschland ausgeliefert werden dürfe. Das würde Israel einen Spionageprozess in Deutschland ersparen. Laut B.s Anwältin Anna Mika-Kopec droht ihrem Mandanten eine Haftstrafe von höchstens drei Jahren. Beim Spionage-Vorwurf müsste er dagegen mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen. Mika-Kopec bezeichnete den Beschluss als "zufriedenstellend für alle Seiten".
Gegen den mutmaßlichen Agenten wird in der Bundesrepublik bislang offiziell nicht wegen Beteiligung an dem Attentat ermittelt, sondern wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit. Außenminister Guido Westerwelle (FDP)hatte im Februar bestätigt, dass bei dem Anschlag mit einem deutschen Pass gearbeitet wurde. Deshalb sei die Bundesrepublik an der Aufklärung besonders interessiert. Westerwelle versprach damals, die Behörden in den Vereinigten Arabischen Emiraten bei den Ermittlungen zu unterstützen.
Der Hamas-Funktionär Mahmud al-Mabhuh, der für die radikal-islamische Palästinenserbewegung Waffen aus dem Iran beschafft haben soll, war am 19. Januar in seinem Zimmer in einem Luxushotel in Dubai betäubt und erstickt worden. Ermittler in Dubai gehen davon aus, dass der Geheimdienst Mossad hinter dem Mord steckt. Dies hat diplomatische Verstimmungen zwischen den betroffenen Ländern und Israel ausgelöst. Israelische Politiker hatten nach der Festnahme gefordert, die Auslieferung an Deutschland müsse verhindert werden. Die mutmaßlichen 27 Männern und Frauen des Mordkommandos hatten neben gefälschten britischen Pässen auch einen Pass aus Deutschland benutzt. Auf den Bildern einiger Überwachungskameras waren die Verdächtigen als Touristen mit Baseballmützen und Tennisschlägern getarnt. Sie sollen sich nach dem Attentat in unterschiedliche europäische Städte sowie nach Bangkok, Hongkong und Johannesburg abgesetzt haben.
Es ist das erste Mal, dass einer der international gesuchten Verdächtigen festgenommen wurde. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wollte sich gestern zunächst nicht zu dem Fall äußern, da der Behörde noch keine offizielle Bestätigung aus Polen vorlag.
Der Mossad führt als israelischer Auslandsgeheimdienst unter anderem Sabotage, Entführungen und Exekutionen aus. Berühmt wurde er durch die Entführung des deutschen Kriegsverbrechers Adolf Eichmann 1960 aus Argentinien.