Washington. Die US-Geheimdienste haben sich gegen den Vorwurf gewehrt, sie hätten sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 zu einem unübersichtlichen und aufgeblähten Bürokratieapparat entwickelt. "Das ist nicht das Geheimdienstwesen, das wir kennen", sagte der übergangsweise amtierende Nationale Geheimdienst-Direktor David Gompert in Washington. Die US-Agenten erzielten "jeden Tag nicht erzählte Erfolge".
Die "Washington Post" hatte am Montag mit der Veröffentlichung einer dreiteiligen Enthüllungsgeschichte über den Zustand der US-Geheimdienste begonnen, an der rund 20 Journalisten der Zeitung zwei Jahre lang recherchierten. Der Bericht prangert massive Defizite bei der Organisation der Geheimdienste an und stellt infrage, ob die Bürger angemessen vor Terrorgefahren geschützt würden. Vielfach würden sich Aufgabenbereich und Aktivitäten überschneiden und somit Steuergelder verschwendet. Niemand wisse in dem entstandenen Dickicht, wie viel Geld das Labyrinth verschlingt und wer letztlich die Strippen ziehe.
Laut "Washington Post" sind in den USA mehr als 1200 Regierungsbehörden und knapp 2000 private Unternehmen mit Geheimdienstaufgaben betraut. Die dazugehörigen Einrichtungen seien auf rund 10 000 Standorte verteilt. Alleine im Großraum Washington seien 33 Gebäude für die Geheimdienste errichtet worden oder befänden sich noch im Bau. Zudem gelten mehr als 850 000 Angestellte als "top secret" Geheimdienst-Mitwisser und haben damit Zugang zu Dokumenten der höchsten Sicherheitsstufe. "Das sind eineinhalbmal so viele Menschen wie in Washington leben", schreiben die Reporter mit kaum verhülltem Erschrecken.
Die meisten Menschen kennen in Sachen US-Geheimdienste nur die CIA - die Central Intelligence Agency in Langley vor den Toren der Hauptstadt. Tatsächlich gibt es in den Vereinigten Staaten 16 Spionagebehörden. Diese Vielfalt resultiere nur allzu häufig in Doppelarbeit und Chaos, so der Bericht. Insgesamt verfügen die Agenten über einen geschätzten Etat von mindestens 40 Milliarden Dollar pro Jahr.
Das US-Verteidigungsministerium räumte unterdessen mögliche "Redundanzen" bei der Organisation der Spionagebehörden ein. Die Geheimdienste selber verwiesen darauf, dass die Doppelstrukturen vielfach beabsichtigt seien. Man habe so auf Vorwürfe reagiert, die einen Mangel an "konkurrierenden Analysen" gesehen hätten. Zwar hat es nach den Anschlägen am 11. September 2001 keine nennenswerten Vorfälle mehr gegeben. Allerdings gab es auch zuletzt Anschlagsversuche, auf die die Behörden nicht vorbereitet waren. Es heißt, sie seien beim Bombenanschlag auf dem New Yorker Times Square am 1. Mai dieses Jahres völlig überrascht worden.