Außenminister Guido Westerwelle warnt und will vermeiden, dass Afghanistan “wieder Rückzugsgebiet des Weltterrorismus“ wird.
Frankfurt/Main. Nach dem Tod von drei Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan hat Außenminister Guido Westerwelle vor einem überhasteten Abzug aus dem Land gewarnt. „Wenn wir jetzt Hals über Kopf abziehen würde, wäre das Land in ganz kurzer Zeit wieder Rückzugsgebiet des Weltterrorismus“, sagte der FDP-Politiker der „Bild“-Zeitung. Dann werde die Anschlagsgefahr auch in Europa erheblich größer. Unterdessen geht die Diskussion über die richtige Ausrüstung der Soldaten weiter.
Westerwelle bekräftigte das erklärte Ziel der Bundesregierung, 2013 die Verantwortung für die Sicherheit an afghanische Kräfte zu übergeben und im kommenden Jahr die Zahl der Bundeswehrsoldaten zu verringern. Mit der neuen Strategie werde stärker auf den zivilen Aufbau und die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte gesetzt. Einen konkreten Abzugstermin nannte Westerwelle nicht, wie die Zeitung schreibt. „Dann wüssten die Terroristen, wie lange sie noch durchhalten müssten, bis wir weg sind.“
Angesichts der Kritik an der Ausrüstung der Bundeswehr sagte Westerwelle dem Bericht zufolge, dass die Bundesregierung bei Bedarf nachbessern werde. „Die Bundesregierung tut alles, damit die Ausrüstung in Afghanistan bestmöglich ist.“ Sollten neue Fragen auftauchen, werde die Regierung und die Bundeswehr dem unverzüglich nachgehen.
Wie „Bild“ unter Berufung auf geheime Berichte an das Einsatzführungskommando der Bundeswehr schreibt, fehlt es in Afghanistan unter anderem an wirkungsvoller Munition für das Gewehr G36. Mit der Hartkernmunition würden Taliban-Kämpfer nicht sofort kampfuntauglich gemacht. Außerdem hätten die Kanonen der gepanzerten Fahrzeuge „Dingo“ und „Fuchs“ nicht die nötige Durchschlagskraft. Über derartige Probleme berichtete „Bild“ bereits im September 2009.
Staatssekretär: Hubschrauber nicht einsatzfähig
Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt räumte beim Einsatz von Hubschraubern in Afghanistan Nachbesserungsbedarf ein. Den „Stuttgarter Nachrichten“ sagte der CSU-Politiker: „Grundsätzlich sind wir in der Luftaufklärung gut aufgestellt, aber wir haben Ergänzungsbedarf bei Hubschraubern. Der mittlere Transporthelikopter NH90 und der Kampfhubschrauber Eurocopter Tiger sind bestellt, aber leider noch nicht einsatzfähig.“ Man sei für die Unterstützung der USA dankbar. Zugleich schränkte Schmidt ein: „Was helfen uns mehr Kampfhubschrauber, wenn sich die Taliban in Häusern mit Familien und Kindern verschanzen?“
Der designierte Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus kündigte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ an, nach seiner Amtsübernahme energisch gegen Defizite bei Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr vorzugehen. „Der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr hat für mich in jeder Hinsicht höchste Priorität“, sagte der FDP-Politiker. Am Hindukusch fehlten Transportflugzeuge, Hubschrauber oder Kampfpanzer sowie ausreichende Einsatztrainings. „Die bisherige Ausbildung der Bundeswehr ist auf die neue Qualität der Angriffe durch eine große Zahl von Taliban nicht ausgerichtet.“
Schon am Mittwoch forderte Königshaus den Einsatz schwerer Kampfpanzer vom Typ „Leopard 2“. Dies wies die Bundeswehr zurück. „Der Einsatz des Leopard in Afghanistan wäre eindeutig das falsche Signal an die Bevölkerung“, sagte ein Sprecher des Heeres Spiegel Online. „Wir würden auftreten wie Besatzer, die das Land okkupieren und nicht gemäß unserem Auftrag die Bevölkerung schützen.“ Außerdem sei der Panzer für Brücken zu schwer und enge Dörfer zu groß.