In Kabul forderte der US-Präsident von seinem Amtskollegen weitere Fortschritte im Kampf gegen Korruption und Drogenhandel.
Kabul/Parachinar. Bei einem unangekündigten Besuch in Afghanistan hat US-Präsident Barack Obama eine Fortsetzung des Kampfes gegen Korruption und Drogenhandel gefordert. Zugleich lobte Obama nach einem Treffen mit Präsident Hamid Karsai am Sonntag in Kabul die von der afghanischen Regierung erzielten Fortschritte. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) informierte sich unterdessen in der afghanischen Hauptstadt über die Polizeiausbildung.
Die USA seien ermutigt von den in Afghanistan erzielten „Fortschritten“, sagte Obama. Dennoch erwarte er mehr Fortschritte, zitierten Medien aus einer gemeinsamen Erklärung, die nach dem Zweiertreffen veröffentlicht wurde. Der US-Präsident forderte Karsai auf, im Kampf gegen Vetternwirtschaft und Drogenhandel „weiterzumachen“. Aus dem Kampf gegen den Drogenhandel finanzieren sich die Rebellen im Land.
Karsais Wiederwahl im vergangenen Jahr war von Vorwürfen des massiven Wahlbetrugs überschattet. Vor dem Treffen hieß es in US-Medien, der Präsident wolle mit Karsai reden, „damit er in seiner zweiten Amtszeit versteht, dass es gewissse Dinge gibt, die fast seit dem ersten Tag vernachlässigt worden sind. Das sind Sachen wie ein leistungsorientiertes System bei der Berufung von wichtigen Regierungsbeamten, der Kampf gegen Korruption und gegen Drogenhändler“, sagte Obamas Sicherheitsberater James Jones auf dem Flug nach Afghanistan.
Obama war am Abend (Ortszeit) überraschend und unter strengster Geheimhaltung auf dem US-Militärstützpunkt Bagram nördlich von Kabul gelandet. Dort wurde er von NATO-Kommandeur Stanley McChrystal und US-Botschafter Karl Eikenberry empfangen, bevor er nach einer Willkommenszeremonie mit einem Hubschrauber weiter in die Hauptstadt flog.
Obama wollte auch den US-Truppen einen Besuch abstatten, um den Soldaten für „ihre unglaublichen Anstrengungen“ und „ihre enormen Opfer“ zu danken. Erst im Dezember hatte der Präsident die Entsendung von 30.000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan angekündigt, um den Einsatz nach mehr als acht Jahren mit einer neuen Strategie zum Erfolg zu führen.
Derzeit sind etwa 68.000 US-Soldaten in Afghanistan stationiert. Neben dem militärischen Aspekt soll die neue Strategie auch umfangreiche zivile Hilfen für die Entwicklung Afghanistans vorsehen. Nach der Großoffensive rund um die ehemalige Taliban-Hochburg Mardscha in der Provinz Helmand plant die US-Armee eine noch größere Offensive in der Nachbarprovinz Kandahar.
Es war Obamas erster Besuch in Afghanistan seit seiner Amtsübernahme am 20. Januar vergangenen Jahres. Bereits zuvor war er während des Wahlkampfs an den Hindukusch gereist. Nach fünfstündigem Aufenthalt verließ er das Land an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One. US-Präsidentensprecher Robert Gibbs kündigte an, Karsai werde am 12. Mai zu einem Gegenbesuch im Weißen Haus erwartet.
Bundesinnenminister de Maizière, der sich ebenfalls in Kabul aufhielt, hatte zuvor unter anderem McChrystal und seinen afghanischen Kollegen Mohammed Hanif Atmar getroffen. Mit Blick auf die Polizeiausbildung, die maßgeblich von Deutschland organisiert wird, sagte er: „Zugegeben, Erfolgsgeschichte haben wir noch nicht geschrieben.“ Maßgeblich sei, den deutschen Beitrag, den der Polizeimission EUPOL, den der USA und der internationalen Gemeinschaft „zu intensivieren und zu koordinieren“. Dann sei er optimistisch, dass in Afghanistan noch Erfolgsgeschichte geschrieben werde.
Beim Wiederaufbau der afghanischen Polizei hatte Deutschland 2002 auf Wunsch der damaligen Übergangsregierung in Kabul die Führungsrolle übernommen. Derzeit sind nach Angaben des Innenministeriums rund 190 deutsche Polizeiausbilder und Experten in Afghanistan im Einsatz, davon 140 für die bilaterale Ausbildungsmission. Das Gesamtkontingent soll im Zuge des neuen Afghanistan-Konzepts der Bundesregierung auf 260 Beamte aufgestockt werden.
Pakistan: Vier Tote bei mutmaßlichem US-Angriff
Unterdessen sind an der Grenze zu Afghanistan bei Gefechten und einem mutmaßlichen US-Raketenangriff in Pakistan am Wochenende 26 Menschen ums Leben gekommen. 22 Taliban wurden von Regierungstruppen getötet, als schwer bewaffnete Kämpfer einen Militärstützpunkt in der Stammesregion Orakzai angriffen, wie ein Behördensprecher am Sonntag mitteilte.
Ein den USA zugeschriebener Raketenangriff in Nord-Waziristan kostete nach Angaben aus Geheimdienstkreisen am Sonnabend vier Menschen das Leben. Die Raketen trafen zwei Häuser, wie zwei Gewährsleute erklärten. Über die Identität der Todesopfer war zunächst nichts bekannt.