Als “unverschämt“ bezeichneten türkische Medien die Art, wie Israel mit dem türkischen Botschafter umgegangen war. Der Vorfall blieb nicht folgenlos.
Hamburg/Jerusalem/Istanbul. Der türkische Botschafter schäumte vor Wut: "Ich arbeite seit 35 Jahren als Diplomat im Außendienst, und noch niemals bin ich so gedemütigt worden." Die Äußerung von Ahmet Oguz Celikkol, Vertreter Ankaras in Jerusalem, gegenüber der israelischen Zeitung "Jedioth Achronoth" wirft ein grelles Schlaglicht auf das zerrüttete Verhältnis zwischen beiden Staaten.
Celikkol war ins israelische Außenministerium zitiert worden, nachdem der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan Israel als "Gefahr für den Frieden" bezeichnet und dunkel hinzugefügt hatte, die Türkei werde dies nicht dulden. Auch war den Israelis die populäre türkische Fernsehserie "Tal der Wölfe" ein Dorn im Auge, in der Mossad-Agenten die scheußlichsten Verbrechen begehen. Zuletzt ließ das Drehbuch der glühend nationalistischen Serie Israelis einen türkischen Jungen entführen, um ihn mit Lügen zum Kampf gegen die Palästinenser aufzuhetzen. Im Showdown mit türkischen Helden soll gar Blut auf einen Davidstern gespritzt sein. Israel spricht von einem "antisemitischen Machwerk". Als Celikkol im israelischen Ministerium eintraf, ahnte er nicht, was ihn erwartete. Außenminister Avigdor Lieberman und sein Vize Danny Ayalon hatten sich etwas Besonderes überlegt: Für den türkischen Diplomaten wurde ein sehr niedriges Sofa bereitgestellt, für Ayalon und seine Kollegen hohe Stühle. Zudem gab Ayalon die Anweisung, nur die israelische Flagge auf den Tisch zu stellen, Celikkol lange auf dem Gang warten zu lassen und ihm dann mit finsteren Mienen zu begegnen. Ayalon verweigerte Celikkol zudem den Händedruck. Für den Türken wurde dies eine erniedrigende Veranstaltung. "Eine Unverschämtheit" titelte die türkische Tageszeitung "Vatan". "Eine widerliche Verschwörung", meinte "Sabah", und das Blatt "Cumhürriyet" schrieb: "Die Beziehungen mit Israel brechen zusammen."
Der Botschafter Israels in der Türkei, Gaby Levy, wurde nun seinerseits ins Außenamt von Ankara einbestellt. In der israelischen Zeitung "Haaretz" bezeichnete ein türkischer Diplomat Lieberman und Ayalon sinngemäß als "pubertierende Jünglinge".
Der politische Aufruhr war so groß, dass Ayalon sich offiziell entschuldigte und meinte, sein Verhalten sei nicht angemessen gewesen. Künftig werde er seine Meinung in angemessener Form zum Ausdruck bringen. Da hatte Ankara aber schon mit dem Abzug des Botschafters gedroht. Lieberman forderte die Türkei derweil auf, sein Land mit "Respekt und Würde" zu behandeln.
Einst galten die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel als leuchtendes Vorbild für das Verhältnis zwischen einem muslimischen und dem jüdischen Staat. US-Präsident Bill Clinton war es gelungen, eine strategische Allianz zwischen den ungleichen Ländern herbeizuführen. Türkische Kampfflugzeuge wurden in Israel auf den letzten Stand der Elektronik gebracht, Erdogan, obwohl immer mal wieder des Islamismus verdächtig, unterhielt beste Kontakte zu den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und Ehud Olmert.
Doch in jüngster Zeit hat sich Erdogan mit scharfer Kritik auf Israel eingeschossen - hauptsächlich wegen der blutigen Militäroffensiven der Israelis im Südlibanon und im Gazastreifen. Sonderlich diplomatisch ging Erdogan dabei nicht vor. Mit den gezischten Worten: "Sie töten Menschen!" verließ er auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ein Podium, auf dem er zusammen mit Israels Staatspräsidenten Schimon Peres sitzen sollte. Auch hat Erdogan Israels Regierung "Staatsterrorismus" gegenüber den Palästinensern vorgeworfen.
"Haaretz" berichtete unter Berufung auf Quellen im israelischen Außenministerium, dass Lieberman, der als ultranationalistischer Hardliner gilt, die Beziehungen zu Ankara mit Absicht beschädige. Er wolle sogar Verteidigungsminister Ehud Barak davon abhalten, nächste Woche seinen Besuch in der Türkei anzutreten. Lieberman wolle die politische Situation im Vorfeld der Barak-Visite "aufheizen".