Die Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. rückt näher. Papst Benedikt XVI. erkannte die “heroischen Tugenden“ seines Vorgängers an.
Rom. Den einen verehren Millionen Katholiken heiß und innig, der andere zog als Papst in den Jahren des Holocaust Kritik auf sich: Benedikt XVI. hat gleichzeitig für Papst Johannes Paul II. und den umstrittenen Pius XII. wichtige Hürden auf dem Weg zu ihrer Seligsprechung beseitigt. Das deutsche Kirchenoberhaupt erkannte in Dekreten die „heroischen Tugenden“ seiner beiden Vorgänger an. Der damit gemeinte Nachweis eines besonders vorbildlichen Lebens und der Opferbereitschaft ist ein Meilenstein vor der Seligsprechung. Und diese wiederum ist die Vorstufe zu der späteren Heiligsprechung.
Bei dem am 2. April 2005 gestorbenen Johannes Paul wird lediglich mitunter moniert, dass die Seligsprechung des direkten Vorgängers von Benedikt unüblich rasch in Rom betrieben werde. Dass der Papst nun - zusammen mit 20 anderen Dekreten - überraschend auch den „heroischen Tugendgrad“ für Pius XII. (1939-1958) bescheinigte, könnte hingegen kritischere Stimmen laut werden lassen. Immerhin war diesem Papst von jüdischer Seite vorgehalten worden, zu dem Holocaust geschwiegen und nicht genug zur Rettung verfolgter Juden getan zu haben. Benedikt hat Pius immer strikt verteidigt, das „Tugend-Dekret“ aber sehr lange auf seinem Schreibtisch im Apostolischen Palast im Vatikan liegen lassen.
Was für beide Benedikt-Vorgänger jetzt noch folgen muss, ist die kirchliche Anerkennung eines von ihnen bewirkten Wunders. Medien in Italien spekulieren, Johannes Paul könnte noch 2010 seliggesprochen werden - etwa um den 16. Oktober herum, dem Jahrestag seiner Wahl zum Papst 1978. „Johannes Paul gilt auch außerhalb der Kirche und des Christentums als außergewöhnliche Figur“, erklärte der Erzbischof Angelo Amato von der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen - dämpfte jedoch gleichzeitig Erwartungen auf eine schnelle Seligsprechung.
Benedikt hatte den „Santo subito“-Ruf vieler Katholiken nach dem Tod von Johannes Paul II. (1978-2005) rasch aufgegriffen und nach nur knapp drei Monaten den Seligsprechungsprozess eingeleitet. Normalerweise wird ein solches Verfahren frühestens fünf Jahre nach dem Tod eines möglichen Seligen oder Heiligen eröffnet. Und lediglich in einigen Fällen führte die Prüfung dann bereits nach wenigen Jahren zu einer Selig- oder Heiligsprechung. Was Karol Wojtyla angeht, so hat sich der scheidende Erzbischof von Brüssel, Kurienkardinal Godfried Danneels, kritisch zu einer „Überholspur zur Heiligkeit“ geäußert.
Unter den möglicherweise auf Johannes Paul zurückzuführenden Wunderheilungen ragt die Gesundung der französischen Ordensschwester Marie Simon-Pierre hervor. Sie soll plötzlich von der unheilbaren Parkinson-Krankheit befreit gewesen sein, nachdem in den Monaten nach dem Tod des Papstes dieser in Gebeten um Hilfe angefleht worden war. Auch der polnische Pontifex litt im Alter zunehmend an der Krankheit.
Zu Pius XII. hatte Benedikt betont, es gebe sehr wohl Beweise, dieser habe in der Nazizeit teils geheim und diskret gewirkt, „um das Schlimmste zu verhindern“, einen anderen Weg habe es damals nicht gegeben. Benedikt wollte offensichtlich aber seinen Besuch in Israel im Mai 2009 nicht mit diesem heiklen Fall belasten. Dieser Papst sei „nicht unfehlbar“ gewesen, aber auch kein Antisemit, zu diesem Fazit kam Jesuitenpater Peter Gumpel, der als Untersuchungsrichter im Seligsprechungsprozess Pius XII. kennt wie heute kaum noch jemand: „Er tat, was ihm möglich erschien, ohne die Nazis zu Vergeltungsmaßnahmen greifen zu lassen.“ Das noch unscharfe Bild des Pius kann erst klarer werden, wenn der Vatikan, wie von jüdischer Seite gefordert, die Archive für die Zeit seines Pontifikats geöffnet haben wird. Aber das kann noch dauern.