Hamburg. Sie sollen eine unmittelbare Antwort auf die Krise sein und der Wirtschaft schnellstmöglich Impulse geben: Weltweit haben in diesem und im vergangenen Jahr die Regierungen zusammen rund drei Billionen Dollar für Konjunkturprogramme veranschlagt. Alle Staaten betonen, dass ihre Hilfspakete auch dem Klimaschutz dienen. Doch nach übereinstimmenden Schätzungen von Wirtschaftswissenschaftlern werden weltweit gerade einmal 13 Prozent der Ausgaben in den Konjunkturprogrammen für den Klimaschutz eingesetzt und zusätzlich etwa 2,5 Prozent für andere Ziele des Umweltschutzes. Nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft Kiel werden damit schätzungsweise 111 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart. Das entspricht weniger als einem halben Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Das Umweltprogramm der Uno hatte als "Global Green New Deal" weltweit 25 Prozent für Klimaschutz innerhalb der Programme gefordert.

Für Umweltschutzverbände eine große Enttäuschung: "Die Chance, dringend erforderliche Investitionen in den Klimaschutz zu tätigen, wurde nicht genutzt", sagte Thorben Becker, Leiter Klimaschutz beim BUND, dem Abendblatt. "Dabei kostet Klimaschutz weniger als Nichthandeln." Auch Wirtschaftsforscher üben Kritik. Gernot Klepper, Professor am Kieler Institut für Weltwirtschaft und Mitautor der Studie "Konjunktur für den Klimaschutz?", sagt: "Man hätte bei den Konjunkturprogrammen für den Klimaschutz ein größeres Potenzial nutzen können. Weltweit 13 Prozent für ökologisches, nachhaltiges Wachstum sind zu wenig." Wie unterschiedlich die Staaten in ihren Konjunkturpaketen mit dem Klimaschutz umgehen, zeigen folgende Beispiele:

* USA: Allein der"American Recovery and Reinvestment Act" mit 787 Milliarden Dollar ist das weltweit größte Einzelkonjunkturpaket. Es sieht an Klima- und Umweltschutzmaßnahmen etwa Effizienzverbesserungen bei Gebäuden, die Förderung erneuerbarer Energien, Investitionen in die Wasserinfrastruktur sowie den Ausbau von Schienen- und Leitungsnetzen vor. Allein dafür investiert die US-Regierung mehr als 85 Milliarden Dollar. Aber das Konjunkturprogramm erzeugt auch CO2-Emissionen: Rund 27 Milliarden Dollar sind für den Ausbau der Highways geplant. Das Land setzt weiter auf eine Zunahme des Straßenverkehrs.

* China: Prozentual gesehen gibt der größte CO2-Produzent mit seinen Konjunkturhilfen so viel für "grüne Projekte" aus wie kein anderes Land: geschätzt rund 29 Prozent. Allerdings investiert China weniger in alternative Energien, sondern vielmehr in Großprojekte wie den Ausbau der Eisenbahn- und Stromnetze (rund 170 Milliarden Dollar). Das Land plant 16 000 Kilometer neuer Eisenbahnlinien für den Personenverkehr. Umweltschützer fürchten, dass die Kapazitätsausweitung keine Effizienzsteigerung bringt und so die Emissionen eher steigen als fallen.

* Europa: Der Kontinent setzt unterschiedliche Schwerpunkte. Frankreich baut das Stromnetz und regenerative Energien aus, Großbritannien setzt auf verbesserte CO2-Effizienz von Kraftfahrzeugen. Als umweltwirksamste Programme gelten die von Schweden und Spanien. Zusammen kommen die europäischen Konjunkturpakete auf 13 Prozent Klimaschutzanteil und damit auf den weltweiten Durchschnittswert. Die Programme sparen geschätzt 22 Millionen Tonnen CO2 jährlich ein, rund 2,5 Prozent des EU-Reduktionsziels für 2020.

* Deutschland: Der Anteil für Klimaschutzmaßnahmen wird von Experten sehr unterschiedlich eingeschätzt. Manche sprechen von gut fünf Prozent, andere von mehr als 30 Prozent. Die Regierung setzt verstärkt auf energetische Gebäudesanierung, setzt aber auch widersprüchliche Signale: Für den Ausbau von Fernstraßen des Bundes gibt sie fast genauso viel aus wie für den Ausbau von Schienenverkehr und Wasserstraßen zusammen. Auch die als Umweltprämie getarnte Abwrackprämie wird sich kaum positiv auf den CO2-Ausstoß auswirken.