US-Präsident fordert vor der Uno die Zusammenarbeit aller Staaten. Iran und Nordkorea sollen Atom-Programme einstellen. Gaddafi wettert gegen ehemalige Kolonialmächte.
Hamburg/Washington. Vermutlich hätte Barack Obama vor einigen Monaten diese Formulierung noch nicht in seine erste Rede vor einer Uno-Vollversammlung aufgenommen. Die Passage nämlich, er wisse, dass es weltweit viele Erwartungen an seine Präsidentschaft gebe. Dass es aber gar nicht um seine Person ginge, sondern darum, die globalen Herausforderungen anzunehmen. Hier sprach ein Präsident, der sehr wohl um seine geschrumpfte Statur weiß. Dem klar ist, dass er bislang weder in der Außen- noch in der Innenpolitik die an ihn gestellten Erwartungen erfüllen konnte.
So war es auch klug, sich vom Unilateralismus seines Vorgängers George W. Bush zu distanzieren, politischen Alleingängen Amerikas eine klare Absage zu erteilen und die Weltgemeinschaft zur tätigen Mitarbeit bei der Lösung der globalen Probleme aufzurufen. Auch ein Barack Obama konnte es sich dabei aber nicht verkneifen, die Führungsrolle der USA herauszustellen, die von vielen Staaten auch erwartet werde. Aber: "Diejenigen, die Amerika üblicherweise für seine Alleingänge in der Welt gescholten haben, können nun nicht darauf warten, dass Amerika die Probleme der Welt allein löst", sagte der US-Präsident.
Auf vier Feldern solle die Staatengemeinschaft vor allem eng zusammenarbeiten: bei der atomaren Abrüstung, dem Kampf gegen den Klimawandel, der Stabilisierung der Weltwirtschaft und dem Streben nach Frieden.
Bezüglich der ersten "Säule" einer neuen globalen Kooperation, der Atomrüstung, griff Obama den Iran und Nordkorea scharf an. Diese beiden Staaten seien "gleichgültig gegenüber der Gefahr eines eskalierenden Rüstungswettlaufes in Ostasien wie auch in Nahost". Zwar fühle er sich dem "Weg der Diplomatie" verpflichtet, der beiden Ländern auch größere Chancen für Frieden und Wohlstand biete.
Doch notfalls müssten sie "zur Rechenschaft gezogen werden", drohte Obama. Das Ziel seiner Regierung sei eine Welt ohne Atomwaffen. Die Staatengemeinschaft dürfe es nicht hinnehmen, dass immer mehr Länder versuchten, sich nukleare Massenvernichtungswaffen zu beschaffen. Und da er gerade beim Thema Nahost angelangt war, forderte er die Israelis noch einmal mit Nachdruck auf, den Bau neuer Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten zu stoppen. Andererseits sollten die Palästinenser mit ihren Provokationen gegenüber Israel aufhören. Zum Abschluss seiner Rede betonte Obama, Amerika sei zu einem Neuanfang bereit. "Die Vereinigten Staaten stehen bereit, ein neues Kapitel der internationalen Zusammenarbeit zu beginnen - ein Kapitel, das die Rechte und die Verantwortung aller Nationen akzeptiert".
Nach Obamas Rede griff Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi die Vereinten Nationen bei seinem ersten Auftritt vor der Vollversammlung in ungewöhnlich scharfer Form an. In seiner eineinhalbstündigen aufgebrachten Rede bezeichnete er die Besetzung des Uno-Sicherheitsrats mit Nuklearmächten als "Terrorismus". "Er sollte nicht Sicherheitsrat heißen, er sollte Terrorrat heißen", sagte Gaddafi. Seit Bestehen der Uno habe es 65 Kriege weltweit gegeben mit Millionen mehr Opfern als im Zweiten Weltkrieg. Außerdem hat Gaddafi 7,77 Billionen Dollar (rund 5,26 Billionen Euro) für Afrika als Entschädigung für die Kolonialzeit gefordert. Wenn die westlichen Länder nicht zahlten, würden sich die Afrikaner das Geld zurückholen. Er spreche "im Namen von 1000 afrikanischen Königreichen", erklärte Gaddafi, der derzeit auch Chef der Afrikanischen Union ist.