Das nun auf Eis gelegte Projekt eines amerikanischen Abwehrschirms gegen iranische Raketen hatte wohl am wenigsten mit iranischen Raketen zu tun.
Dass es die beste Lösung sein sollte, Interkontinentalraketen aus dem Mullah-Staat ausgerechnet von Polen und Tschechien aus zu bekämpfen, hatte sich vielen Kritikern nicht erschlossen. Abgesehen davon, dass es diese Raketen noch nicht gibt.
Der listige Plan des früheren US-Präsidenten George W. Bush zielte vor allem darauf ab, Polen und Tschechien militärisch in besonderer Weise an Amerika zu binden und damit sicherheitspolitisch einen Riss durch Europa zu treiben. In Washington betrachtete man argwöhnisch, wie EU-Europa - mit Airbus und Euro ohnehin schon auf Augenhöhe zu den USA - sich auch noch anschickte, eigene militärische Strukturen zu erarbeiten. Zudem sollte das Abwehr-Projekt amerikanische Waffensysteme direkt vor Moskaus Haustür stellen - als unmissverständliches Machtsignal an das wieder selbstbewusster agierende Russland.
Mit dem Amtsantritt Barack Obamas haben sich die Parameter der amerikanischen Sicherheitsarchitektur verändert. Der Demokrat im Weißen Haus hat eine intelligente Güterabwägung vorgenommen. Ihm geht es nicht darum, Russland zu demütigen, sondern als strategischen Partner zu gewinnen - etwa im Kampf gegen den Terrorismus. Und nicht darum, den Iran zu bombardieren, wie dies Bushs Vize Dick Cheney noch empfohlen hatte, sondern zu Verhandlungen zu motivieren.
Dafür riskiert er, einen Verbündeten zu düpieren. Die Polen fühlen sich aus historisch nachvollziehbaren Gründen zwischen Deutschland und Russland nicht nur wohl - und nun von den USA alleingelassen. Dennoch ist es eine kluge Entscheidung mit Perspektiven, solange Iran nicht den Fehler macht, seine Raketenrüstung zu forcieren.