Den meisten Eindruck hat der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier beim China-Gipfel in Hamburg auf eine Französin gemacht. Die Metapher...
Hamburg. Den meisten Eindruck hat der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier beim China-Gipfel in Hamburg auf eine Französin gemacht. Die Metapher von der "Seidenstraße des 21. Jahrhunderts" für den Handel zwischen Europa und China hat es Anne-Marie Idrac besonders angetan. Die 57-Jährige fällt kaum auf im Gewusel des Kongresses in der Handelskammer. Und doch ist Idrac eine der wichtigsten Figuren in Europa, wenn es um die Beziehungen zu China geht. "Es ist offensichtlich", sagte sie im Gespräch mit dem Abendblatt, "dass China im Rang einer Großmacht angekommen ist, wie man sie sich im 21. Jahrhundert vorstellt. Unsere Strategie in den EU-China-Beziehungen muss sein: die Karten auf den Tisch legen und als Gestalter auftreten."
Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat Anne-Marie Idrac erst im März zur neuen Staatssekretärin für Außenhandel gemacht. Bei ihrem Einfluss, ihrer Erfahrung hat sie de facto Ministerrang. Denn Idrac war bis dato das Gegenstück und Verhandlungspartnerin des deutschen Bahnchefs Hartmut Mehdorn. Sie stand zwei Jahre an der Spitze der französischen Eisenbahn SNCF. Davor hat sie vier Jahre als Generaldirektorin die Pariser Verkehrsbetriebe auf Vorderfrau gebracht, war Staatssekretärin im Verkehrsministerium und, und, und.
Für den EU-China-Gipfel am 1. Dezember in Lyon hat sie klare Vorstellungen, was da angesprochen werden muss: "Ausländische Firmen in China müssen außerdem vor Urheberrechtsverletzungen geschützt werden. Wir müssen den Wechselkurs ansprechen und selbstverständlich den Umweltschutz." Die Frage nach den Menschenrechten beantwortet sie mit dem Hinweis auf die Ein-China-Politik, an der Frankreich seit 1964 festhält. "Ich bin bemüht, die Lage der Gesinnungsgefangenen aus Tibet anzusprechen." Über die Verstimmungen innerhalb der deutschen Großen Koalition über den Besuch des Dalai Lama bei Bundeskanzlerin Merkel kann Idrac nur schmunzeln. "Auch in Frankreich hat es eine lebhafte Debatte gegeben." Und die barg noch mehr Verwicklungen: Präsident Sarkozy war nach Peking gereist, und während der Spiele besuchte der Dalai Lama Frankreich - ein Affront gegenüber China. Sarkozy empfing ihn nicht. Dafür nahm seine Gattin Carla Bruni an einem Empfang teil. So buchstabiert man die komplexen EU-China-Beziehungen bis auf die private Ebene hinunter.