China beschuldigt den Dalai Lama, die Spiele sabotieren zu wollen. Dieser denkt wegen der Gewalt an einen Rücktritt.
Berlin/Peking. Europäische Spitzenpolitiker erwägen einen Boykott der Olympischen Spiele in diesem Sommer in Peking. Wegen der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste in Tibet durch China nannte der französische Außenminister Bernard Kouchner die Idee eines Politiker-Boykotts der Eröffnungsfeier "interessant". Kouchner regte an, die EU-Außenminister sollten sich auf ihrem Treffen Ende des Monats mit dem Thema befassen.
Der deutsche Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), sagte, er persönlich überlege, auf seine geplante Olympia-Reise zu verzichten, "wenn diese Repression so weitergeht". Pöttering schloss einen völligen Boykott der Olympischen Sommerspiele auch auf sportlicher Seite nicht aus. "Ich will mich jetzt auf endgültige Schritte nicht festlegen, aber man muss alle Optionen offenhalten", sagte er im Deutschlandfunk. Er grenzte sich damit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, die sich gegen einen Boykott der Spiele ausgesprochen hatte.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, plädierte dafür, die Olympischen Spiele künftig nicht mehr an Länder zu vergeben, die die Menschenrechte massiv verletzen und damit gegen die Olympische Charta verstoßen. Einen Boykott der Spiele in Peking lehnte der CDU-Politiker im Südwestfunk aber ab.
Der Dalai Lama hat für den Fall ausufernder Gewalt erstmals mit seinem Rücktritt von der Führung der weltlichen tibetischen Exil-Regierung gedroht. Falls die gewaltsamen Proteste außer Kontrolle gerieten, bliebe ihm keine andere Wahl als der Rückzug, sagte der Dalai Lama im indischen Exil in Dharamsala. Sein Berater Tenzin Takhla begründete dies damit, dass der Dalai Lama dem Prinzip der Gewaltfreiheit verpflichtet sei. Er würde aber immer das geistliche Oberhaupt der Tibeter bleiben. Die chinesische Führung warf dem Dalai Lama vor, hinter den Protesten in Tibet zu stecken und Olympia sabotieren zu wollen.