Die neuen U-Boote der Bundesmarine sind in simulierten Gefechten nicht zu orten. Grund: Der Antrieb über Brennstoffzellen macht sie extrem leise. Selbst spezielle Jagdboote finden sie nicht.
Hamburg. U 33 ist auf dem Weg ins östliche Mittelmeer. Die Jungfernfahrt, die gleichzeitig der erste Einsatz ist, führt das modernste konventionell angetriebene U-Boot der Welt an das Randmeer eines der heißesten Krisengebiete, für das die Stichwörter Libanon, Palästina, Irak und Iran stehen.
Der Auftrag dieses Bootes der Klasse 212 A, das vor wenigen Tagen mit seiner Crew von 25 Marinesoldaten aus Eckernförde ausgelaufen ist, entspricht der "Zwischen-zwei-Kriegen"-Situation im Nahen Osten: lautlose Unterwasserspionage vor der libanesischen und anderen Küsten, Aufklärung auf Schifffahrtsrouten, Meldung von Schiffsbewegungen, vor allem von getarnten Waffentransportern und Schnellbooten radikalislamischer Kampfgruppen. U 33 arbeitet als "Sensor" der Nato und der deutschen Führung.
Wie dicht das U-Boot sich zwielichtigen Stränden und Häfen nähern darf, gilt im Nato-Slang als "top secret". Für küstennahe Operationen in flachen Gewässern ist es jedenfalls bestens gerüstet. "Voll einsatzfähig" gelten U 33 und seine Schwesterboote U 31, U 32 und U 34 noch bei nur 20 Meter Wassertiefe. Vor Eckernförde wurde sogar in nur 14 Meter tiefem Wasser operiert, und das "mit voller Pulle".
Die Atom-U-Boote der Großmächte sind zwar größer, können länger unter Wasser bleiben und tiefer tauchen, in flachen Küstengewässern aber, die im Zeichen "asymmetrischer Kriege" immer gefährlicher werden, würden sie hilflos auf dem Trockenen sitzen.
Hier ist das Reich dieser revolutionären deutschen U-Boote, die kaum zu orten sind, weil sie leiser sind als Atom-U-Boote und keine verräterischen Wärmeschleppen wie die bis zu 20 000 Tonnen schweren "Giganten der Tiefsee" hinter sich herziehen.
Bis zu vier Monaten soll U 33 im heißen Mittelmeer bleiben. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, deren Elektronik in südlichen Gewässern häufig versagte, ist es mit einer verbesserten Klimaanlage ausgerüstet, die Wassertemperaturen um die 30 Grad gewachsen sein soll. Vier bis sechs Wochen lang könnte U 33 notfalls unter Wasser operieren, ohne auf lebenserhaltende Außenluft angewiesen zu sein.
Des Rätsels Lösung ist der außenluftunabhängige Antrieb, dessen Herzstück Brennstoffzellen sind, die in einem lautlosen Prozess Wasserstoff und Sauerstoff in Elektrizität umwandeln. Dieser revolutionäre, in Deutschland entwickelte Hybridantrieb, der aus konventionellen Tauchbooten erst richtige Unterseeboote à la Klasse 212 A macht, ist dabei, Strategie und Taktik des Seekrieges auf den Kopf zu stellen: Selbst in den USA werden U-Boote als künftige Hauptkampfschiffe großer Flotten gesehen. Der Stern der Flugzeugträger ist im Sinken.
Wozu aber selbst kleine nicht nukleare, dafür aber extrem leise U-Boote fähig sein können, hat der Falkland-Krieg bewiesen. Dort hätte anno 1982 ein in Kiel gebautes U-Boot des Typs 209 um ein Haar den argentinisch-britischen Seekrieg um die Falklands bzw. Malvinen gegen Großbritannien entschieden:
Das unter argentinischer Flagge operierende U-Boot "San Luis" feuerte aus nur 7000 Metern Entfernung acht Torpedos, darunter vier deutsche drahtgelenkte Geschosse des Typs SST-4, auf den britischen Flugzeugträger "Invincible" und seine Begleitschiffe ab. Trotz günstiger Verhältnisse traf kein einziger Torpedo. Wie sich herausstellte, hatten die unerfahrenen Techniker an Bord des U-Bootes nicht erkannt, dass zwei Drähte im Feuerleitsystem falsch angebracht worden waren. Nach dem Abschuss der Torpedos konnten ihre Laufbahnen daher nicht mehr korrigiert werden.
Nach Ansicht des britischen Befehlshabers Admiral "Sandy" Woodward hätte sein Verband nach dem Verlust eines seiner zwei Flugzeugträger sofort abziehen müssen. Die Argentinier dagegen kommentierten hinter vorgehaltener Hand die Fehlschüsse noch jahrelang mit den Worten: "Ein Mechaniker hat den Krieg um die Malvinen verloren!" Immerhin hatte die "San Luis" die Briten, die mehr als 100 U-Jagd-Torpedos ohne Ergebnis auf dieses Boot und andere angebliche U-Boot-Kontakte abgefeuert hatten, aber sechs Wochen lang in Angst und Schrecken versetzt.
Auch anderen Admiralen bereiten die fast unhörbaren deutschen U-Boote schwere Sorgen:
Während eines Manövers in der Karibik durchbrach ein deutsches Diesel-U-Boot (U 24) den angeblich undurchdringlichen Abwehrring um den US-Atom-Flugzeugträger "Enterprise", feuerte aus günstigem Schusswinkel einen simulierten Torpedofächer ab, fotografierte den 75 000-Tonner durch das Angriffssehrohr und tauchte dann ohne Vorwarnung unmittelbar neben dem Riesenziel auf. Der US-Admiral soll außer sich gewesen sein.
Ein anderes U-Boot des Typs 206 A (500 ts) passierte in der Karibik ein auf es angesetztes US-Jagd-U-Boot der Los-Angeles-Klasse (7100 ts, Atomantrieb) in geringer Distanz mehrmals, ohne dass die US-Crew den nahen "Feind" erkannt hätte. Amerikanische U-Boot-Offiziere an Bord des deutschen Bootes verfolgten das Duell nach Zeugenaussagen "mit Schweißtropfen auf der Stirn".
Damals ging es um Training, morgen könnte es um mehr gehen: Das schwer bedrohte Israel hat sich mit den drei in Kiel und Emden gebauten Diesel-U-Booten des Typs "Dolphin" eine nukleare Abschreckungswaffe sowie eine strategische Zweitschlagkapazität geschaffen. Aus vier der zehn Torpedorohren dieser Boote können Flugkörper "Sub-Harpoon" oder noch weiter reichende Cruise-Missiles mit atomaren Gefechtsköpfen gegen See- und Landziele verschossen werden.
Neben anderen Ländern will auch Pakistan, das seit zehn Jahren über Kernwaffen verfügt, die deutschen U-Boote der Klasse 212 A nebst Abschussvorrichtungen kaufen. Und so kommen weltweit immer mehr Länder in den Besitz einer Waffe, deren Schrecken vor allem darin liegt, dass niemand sie hört oder sieht.