Hamburg. Zwei Videos islamistischer Eiferer, die gleichzeitig Deutschland unter Druck setzen sollen. Beide mit dem gleichen Thema: Afghanistan. Damit hat die Sicherheitslage, so Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), eine "neue Qualität" erreicht. Ermittler fürchten die zerstörerische Kraft, die in den Botschaften stecken könnte.

Das Video der "Bewegung der Pfeile der Rechtschaffenheit", in dem für die Freilassung der Deutschen Marianne K. und ihres Sohnes ein Ultimatum von zehn Tagen für den Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan gestellt wird, könnte noch kriminell motiviert sein. Vielleicht wollen die Entführer doch nur Lösegeld erpressen.

Erstmals jedoch wird eine Entführung im Irak mit einer Forderung für Afghanistan verbunden. Das ist ungewöhnlich. Vergleichbar damit ist nur die Entführung russischer Diplomaten im vergangenen Jahr. Damals wurde von der russischen Regierung vergeblich ein Abzug aus Tschetschenien gefordert. Die Geiseln mussten sterben. Sogar Bundespräsident Horst Köhler schaltete sich erstmals in einen Entführungsfall ein, um dies zu verhindern.

Gleichzeitig erscheint ein Video über das Internetforum "Stimme des Kalifats", das auch ein Ende des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan fordert, sich aber mit Anschlagsdrohungen direkt an die Deutschen wendet. "Das gab es bisher nur einmal kurz vor der US-Wahl", sagt Freiberg. "Damals drohte Osama Bin Laden den Amerikanern direkt."

Keine langatmigen Koranverse, dafür fehlerfreie deutsche Untertitel zu hocharabischen Texten, die Firmenlogos von VW, BMW und Mercedes, Bilder aller Mitglieder der Bundesregierung - dahinter stecken offenbar Menschen, die in Deutschland oder Österreich leben. Auffällig ist nämlich auch der Bezug zur Diskussion über die österreichischen Studiengebühren. "Die kennen sich hier aus", heißt es. "Das Video schlägt eine intellektuelle Brücke zwischen Morgen- und Abendland", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" einen Ermittler. "Wir müssen das ernster nehmen als alles, was wir bisher gesehen haben."

Die Videobotschaft wird vermutlich nur oberflächlich an alle Deutschen gerichtet sein. Sie könnte vor allem dazu dienen, den Blick von Islamisten verstärkt auf das Land zu lenken. Nach einer internen Analyse der Sicherheitsbehörden, die dem Abendblatt vorliegt, wirken die Internet-Foren, auf denen die Videos veröffentlicht werden, wie "Schwarze Bretter". Dort werden Tipps vom Bombenbau bis zu Anschlagszielen ausgetauscht. Rekrutiert werden damit in Europa lebende muslimische Jugendlichen. So radikalisierten sich in den Niederlanden junge Muslime ohne äußeren Einfluss nur über das Internet.