Wie hart war der Polizeieinsatz beim G20-Weltfinanzgipfel in London wirklich? Scotland Yard steht mit dem Rücken zur Wand. Nach dem Tod eines Demonstranten gibt es neue Berichte über prügelnde Polizisten.
London. Neue Videos von Polizeiübergriffen beim G20-Weltfinanzgipfel in London bringen Scotland Yard wieder in Erklärungsnot. Britische Medien veröffentlichten Aufnahmen, auf denen ein Polizist einem Demonstranten mit einem Schild auf den Kopf schlägt. Der Mann hatte sich zuvor von dem Polizisten abgewandt und war offenbar nicht aggressiv. Ein anderes Video zeigte, wie ein Beamter einem Demonstranten einen Kinnhaken versetzte.
Wegen anderer Übergriffen, die auf früheren Videos zu sehen sind, waren in den vergangenen Tagen bereits zwei Polizisten suspendiert worden. Gegen einen Beamten laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, nachdem ein Mann wenige Minuten nach einer Polizei-Attacke tot zusammengebrochen war.
Der Zeitungsverkäufer starb an einer Unterleibsblutung. Die Ursachen der Blutung müssen noch geklärt werden. Die Polizei hatte nach einer ersten Obduktion noch erklärt, der Mann sei auf natürliche Weise an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.
Unterdessen äußerte der Vorsitzende der unabhängigen Polizeiaufsicht, Nick Hardwick, harsche Kritik am Vorgehen der Sicherheitskräfte und forderte eine generelle Debatte im Parlament über die Erwartungen an die Polizei. Hardwick kritisierte, dass mehrere Polizisten während des Einsatzes beim G20-Gipfel absichtlich ihre Erkennungsnummern verborgen hätten. "Da muss man sich über die Aufsicht der Vorgesetzten ernsthaft Gedanken machen. Das ist nicht hinnehmbar. Es geht darum, Diener zu sein, nicht Herrscher", sagte er dem "Observer".
Insgesamt liegen in rund 150 Fällen offizielle Beschwerden gegen das Vorgehen der Polizei beim G-20-Gipfel vor. In rund 70 der Fälle richten sich die Vorwürfe gegen ein übermäßig harsches Vorgehen der Sicherheitskräfte.