Die US-Regierung ist offenbar mit dem Vorhaben gescheitert, eine Freilassung des von somalischen Piraten gefangen gehaltenen US-Kapitän Richard Phillips auszuhandeln. Gespräche mit Vertretern der Entführer seien an der Forderung der US-Unterhändler gescheitert, die Piraten zu verhaften, berichtete die „New York Times“ am Sonnabendabend (Ortszeit) unter Berufung auf somalische Behördenkreise. Vor Somalia wurde ein Schlepper aus Italien entführt.
Laut "New York Times" wurden die Verhandlungen über die Freilassung des Kapitäns mit einer Gruppe Stammesältester geführt. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums wollte die Angaben nicht bestätigen. Dem Bericht zufolge war zuvor ein kleines Schiff der US-Marine beschossen worden, das sich dem Boot genähert hatte, auf dem die Piraten den Kapitän des US-Frachters "Maersk Alabama", Richard Phillips, seit Tagen festhalten. Daraufhin sei das US-Schiff zu einem nahen US-Zerstörer zurückgekehrt, berichtete das Blatt unter Berufung auf US-Armeekreise. Dadurch habe eine Eskalation verhindert werden sollen.
Phillips wird seit Tagen von vier Piraten in einem kleinen Rettungsboot der "Maersk Alabama" im Indischen Ozean festgehalten. Der Frachter war am Mittwoch von Piraten angegriffen worden, der Kapitän wurde als einziges Besatzungsmitglied entführt. Medienberichten zufolge bot er sich den Piraten selbst als Geisel an, um seine Crew zu schützen. Die US-Marine schickte zwei Kriegsschiffe in die Nähe des Rettungsbootes. Laut dem US-Fernsehsender CNN liegt das Boot rund 30 Kilometer vor der somalischen Küste.
Die "Maersk Alabama" ist mitsamt der restlichen Besatzung inzwischen in Kenia eingetroffen. Das Schiff machte laut dem Bericht eines AFP-Reporters am Samstagabend im Hafen von Mombasa fest. Die Besatzung zeigte sich bei der Ankunft in Mombasa erleichtert. "Das war schrecklich, von den Piraten angegriffen zu werden", sagte einer der Männer. "Sie waren schwerbewaffnet." Ein anderes Besatzungsmitglied lobte den Mut des Kapitäns: "Unser Kapitän ist ein Held, er hat unser Leben gerettet." Die Besatzung durfte das Schiff zunächst nicht verlassen und wurde von Beamten der US-Bundespolizei FBI befragt.
Am Sonnabend wurde vor Somalia ein Schlepper aus Italien von Piraten entführt. Dies teilte am Abend im norditalienischen Ravenna die Reederei Micoperi Marine Contractors mit, der der 75 Meter lange Schlepper gehört. "Zehn Italiener, fünf Rumänen und ein Kroate sind an Bord", sagte ein Sprecher des Unternehmens. Die Reederei habe gegen Mittag eine Mail bekommen, in der ihr die Entführung mitgeteilt worden sei. Diese Mail sei "wahrscheinlich von den Piraten" gekommen. Piraten haben derzeit mehrere Schiffe vor der Küste von Somalia in ihrer Gewalt, darunter den deutschen Frachter "Hansa Stavanger".
Ein Gericht in der halbautonomen somalischen Region Puntland verurteilte zehn Piraten am Samstag zu jeweils 20 Jahren Haft. Die Männer wurden laut Behördenangaben in Bosasso für schuldig befunden, im vergangenen Jahr einen unter somalischer Flagge fahrenden Frachter entführt zu haben. Nach dem Urteilsspruch äußerte sich einer der Piraten im Namen aller Verurteilten: "Wir sind keine Kriminellen", versicherte er laut den telefonischen Angaben eines Behördenvertreters. "Wir greifen die Schiffe an, weil uns die natürlichen Ressourcen gestohlen werden."