Im Windschatten von George Bushs Feldzug hat Teheran mächtig aufgerüstet. Den USA ist damit ein gefährlicherer Gegner erwachsen, als es der Irak war.
Hamburg. Dieser Moment am 9. April 2003, als sich die riesige Statue von Saddam Hussein von ihrem Sockel neigt, gezogen unter anderem von US-Marinesoldaten, um schließlich in einer waagerechten, geradezu nachdenklich anmutenden Stellung zu verharren.
Es ist eine Szene, die das Gedächtnis spontan einspielt, wenn vom Irakkrieg der Bush-Regierung die Rede ist.
Dieser Krieg, der heute vor sechs Jahren begann, am 20. März 2003, ist die schwerste historische Hypothek jenes von religiösen und erzkonservativen Motiven getriebenen Texaners, der auszog, um den Mittleren Osten nachhaltig zu verändern. Was ihm am Ende auch gelang - nur nicht ganz so wie geplant.
Dass dem raschen militärischen Sieg eine quälende Phase des Bürgerkriegs und des Staatszerfalls folgte, resultierte aus dem wohl schwersten Fehler der USA: Der Auflösung der irakischen Armee und des von der Baath-Partei getragenen Regierungsapparats. Tausende entwurzelter Soldaten liefen diversen, teilweise erbittert miteinander verfeindeten radikalen Milizen über, das Land wurde zur Bürgerkriegszone - und in das Machtvakuum stieß Iraks alter Erzfeind Iran. 60 Prozent der Iraker sind schließlich Schiiten - wie die allermeisten Iraner. Sondereinheiten der "Quds"-Brigaden, der Elite der iranischen Revolutionsgarden, nahmen an den Kämpfen gegen Amerikaner und Sunniten teil, um den Irak zusätzlich zu destabilisieren. Sie verbanden sich mit schiitischen Milizen und errichteten damit einen starken Brückenkopf im Irak.
Das Schreckensregime Saddam Husseins, der Kriege gegen Iran und Kuwait anzettelte und rund 300 000 eigene Bürger ermorden ließ, wurde durch die amerikanisch geführte "Operation Iraqi Freedom" zwar beseitigt. Zugleich wurde damit der Irak als regionales Gegengewicht zum Iran, als stabilisierender Faktor, zerschlagen.
Macht ist ein Nullsummenspiel - der Verlust Bagdads war der Gewinn Teherans.
Die aktive Armeestärke des Irak betrug zu Zeiten Saddam Hussein mehr als 400 000 Mann, die Mobilisierungsstärke rund eine Million. Derzeit bemühen sich die USA, die von ihnen aufgelöste irakische Armee wieder aufzubauen. Rund 140 000 Mann stehen wieder unter Waffen. Ihr Kampfwert ist gering, auch deshalb, da sie nur über wenige schwere Waffen verfügen.
Dagegen hält der Iran mehr als 400 000 aktive Soldaten unter Waffen. Hinzu kommen 120 000 Mann Revolutionsgarden, 350 000 Reservisten sowie eine paramilitärische Volksmiliz von zwei Millionen Mann.
Die Ambitionen Saddams auf Massenvernichtungswaffen wurden frühzeitig unterbunden.
Im Windschatten der Irak-Krise konnte der Iran dagegen tief verbunkerte Anlagen bauen, die wohl letztlich dem Bau von Atomwaffen dienen sollen.
Und während das alte irakische Raketen-Arsenal verschrottet wurde, baute der Iran mit nordkoreanischer Hilfe eine beachtliche Raketenstreitmacht auf. Der neueste Typ Shahab-3 könnte eine Reichweite von bis zu 2000 Kilometern haben. Und es gibt unbestätigte Berichte über die Entwicklung der Shahab-6, einer Interkontinentalrakete mit 10 000 Kilometern Reichweite. Den USA ist im Iran ein gefährlicherer Gegner erwachsen, als es der Irak je war.