Seit nunmehr 18 Tagen läuft die israelische Militäroffensive “Gegossenes Blei“ im Gazastreifen. Weite Teile der Infrastruktur in diesem von der...
Hamburg. Seit nunmehr 18 Tagen läuft die israelische Militäroffensive "Gegossenes Blei" im Gazastreifen. Weite Teile der Infrastruktur in diesem von der radikalislamischen Hamas beherrschten Palästinensergebiet sind zerstört, die Zahl der Todesopfer - viele von ihnen Frauen und Kinder - dürfte bald vierstellig sein. Weder die Hamas, die diesen Krieg mit fortgesetzten Raketenangriffen auf Israel auslöste, noch die israelische Regierung lassen Bereitschaft zu einem Ende der Feindseligkeiten erkennen. Europäer, Amerikaner und die Uno bemühen sich erfolglos darum. Wer sind die Hauptakteure dieses Krieges und wie verlaufen die politischen Kraftlinien?
Israel Entwickelt und geplant wurde "Gegossenes Blei" bereits Monate vor Kriegsausbruch von einem Dreigestirn: Verteidigungsminister Ehud Barak, Außenministerin Zipi Livni und Ministerpräsident Ehud Olmert. Die treibende Kraft war Barak, höchstdekorierter Soldat Israels, ehemaliger Generalstabschef und Kommandeur der geheimnisumwitterten Mossad-Sondereinheit "Caesarea", die die Drahtzieher des Olympia-Anschlags von München 1972 liquidierte. Ausgerechnet dieser Kriegsheld, der Krieg und Sterben aus eigener Erfahrung kennt, votiert nun für eine Einstellung der Kampfhandlungen, um Verhandlungen eine Chance zu geben. Ihn überstimmten Livni und Olmert. Livni, ehemaliger Leutnant der Armee und frühere Mossad-Agentin, deren Eltern beide in der jüdischen Untergrundorganisation Irgun waren, die Terrorakte beging, gilt als rechte politische Hardlinerin. Ihr ist nicht entgangen, dass Ehud Baraks Popularität seit Beginn des Feldzuges steil angestiegen ist. Die engagierte Tierschützerin Livni will beweisen, dass sie als Frau hart genug ist, einen derartigen Krieg zu führen - und sie will sich in Stellung für die Parlamentswahlen am 10. Februar bringen.
Der uncharismatische Premier auf Abruf, Ehud Olmert, wiederum, belastet durch massive Korruptionsvorwürfe, sieht die Chance, durch eine erfolgreich beendete Operation in Gaza die Libanon-Scharte auszuwetzen und seinen lädierten Ruf zu retten.
Und noch eine weitere Figur ist in der israelischen Gleichung wichtig: Generalstabschef Gabi Ashkenasi. Der Kriegsveteran und frühere Kommandeur der Golani-Brigade, die jetzt in Gaza kämpft, unterstützt den Kurs von Ehud Barak. Ashkenasi gilt als außerordentlich moderat und hat als seine größte Sorge benannt, die israelischen Soldaten könnten in Zuge des Krieges ihre Menschlichkeit einbüßen.
Hamas Wenn man bei der Hamas, deren Ziel Israels Vernichtung ist, überhaupt von gemäßigten Kräften reden kann, würde der frühere palästinensische Ministerpräsident Ismail Haniya unter diesen Begriff fallen. Er bemühte sich um eine Koalition mit der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und erklärte sich sogar grundsätzlich bereit, Israel anzuerkennen, falls es sich aus den besetzten Gebieten zurückziehen sollte. Auf Druck der Hamas zog er die Äußerung zurück.
Sein innenpolitischer Gegenspieler ist Mahmud al-Sahar, Führer des radikalen Flügels der Hamas und früherer Außenminister unter Haniya. Der Chirurg will das "zionistische Gebilde" Israel durch einen islamischen Gottesstaat in ganz Palästina ersetzen. Im Gegensatz zu Haniya hat der Hamas-Mitgründer al-Sahar enge Verbindungen zur Hamas-Armee, den Essedin-al-Kassam-Brigaden.
Der dritte bedeutende Führer der Hamas, Khaled Mashaal, ist ebenfalls ein Hardliner, oszilliert aber gelegentlich politisch zwischen den Positionen Haniyas und al-Sahars. So stellte er im Februar 2006 unter Bedingungen ein Ende des bewaffneten Kampfes gegen Israel in Aussicht, im Mai 2008 erklärte er jedoch, die Hamas werde ihren Dschihad niemals aufgeben.
Ägypten Da die US-Führung unter George W. Bush als nicht akzeptabel im arabischen Raum gilt, Barack Obama sein Amt noch nicht angetreten hat und die EU als schwach und uneinig angesehen wird, werden Ägypten derzeit die meisten Chancen auf eine erfolgreiche Vermittlung im Gaza-Krieg eingeräumt. Kairo pflegt gute Beziehungen sowohl zu Israel als auch zu den Palästinensern. Der autoritär herrschende Staatspräsident Husni Mubarak, der von radikalen Islamisten als Verräter angefeindet wird, ist allerdings bereits 80 Jahre alt. Treibende Kraft der Bemühungen zunächst um eine Waffenruhe ist der zweitmächtigste Mann Ägyptens und potenzieller Nachfolger Mubaraks, Omar Suleiman. Der hochintelligente Minister und Chef des militärischen Geheimdienstes, der die Hardliner der Hamas verabscheut, verhandelt im Stillen mit beiden Seiten. Suleimans Problem bei diesen Gesprächen ist, dass Exil-Führer der Hamas wie Mashaal und al-Sahar sich wesentlich radikaler gebärden als die Hamas-Führer vor Ort im Gazastreifen, die den israelischen Angriffen täglich ausgesetzt sind. Suleimans Partner auf israelischer Seite ist Amos Gilad. Der pensionierte Generalmajor ist Leiter der militärpolitischen Abteilung des israelischen Verteidigungsministeriums.