Himmelberg ist ein Heimspiel. Die Jausenstation Staudacher ist so voll, dass sie in der Scheune nebenan Heizstrahler und eine zweite Bar aufgestellt...
Klagenfurt. Himmelberg ist ein Heimspiel. Die Jausenstation Staudacher ist so voll, dass sie in der Scheune nebenan Heizstrahler und eine zweite Bar aufgestellt haben, für all die Leute, die hier den Gerhard, ihren berühmtesten Bürger, feiern wollen. Ein Himmelberger! Landeshauptmann von Kärnten! Das ist schon was, auch wenn dafür erst die "Sonne vom Himmel" hat fallen müssen, wie es der Gerhard nach dem tragischen Unfall vom Jörg ausgedrückt hat, und auch wenn selbst hier jeder sagt: "Den Jörg wird nie jemand ersetzen können."
Der Gerhard heißt Dörfler mit Nachnamen und regiert Österreichs südlichstes Bundesland, seit sein Chef Jörg Haider vergangenen Oktober in seinem VW Phaeton mit 142 Stundenkilometer auf dem Tacho und 1,8 Promille Alkohol im Blut auf einer Bundesstraße vor den Toren Klagenfurts tödlich verunglückt ist. Vier Monate, nachdem ihn dieser Unfall auf den Stuhl des Landeshauptmannes befördert hat, kämpft Gerhard Dörfler nun um die Erlaubnis der Wähler, in seinem Amt bleiben zu dürfen - und um das Erbe seines politischen Lehrmeisters.
Nachdem Haiders "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ) bei den Parlamentswahlen im Herbst bundesweit fast elf Prozent erreichte, durfte sich Haider berechtigte Hoffnungen auf die absolute Mehrheit im BZÖ-Stammland Kärnten machen, Hoffnungen, die seine Partei nur wenige Tage später mit ihrer fast abgöttisch verehrten Vaterfigur begraben musste. Jetzt soll sein Nachfolger wenigstens die relative Mehrheit in Kärnten sichern und damit die Bastion, von der aus das BZÖ auch bundespolitisch agiert.
Gerhard Dörfler gibt sein Bestes. Er begrüßt die Leute beim Namen, tätschelt Kinderköpfe, umarmt Frauen, junge und alte, gratuliert der Wirtin zu ihren Krapfen. Gerhard Dörfler sagt, es gehe sowieso vor allem darum, "nah am Menschen" zu sei: "Von den 570 000 Menschen in Kärnten hab' ich sicher schon jedem Zweiten einmal die Hand geschüttelt." Es soll vermutlich nach Jörg Haider klingen.
Noch heute ist auf Kärntens Straßen kaum jemand zu finden, der etwas anderes über den toten Landeshauptmann sagt, als: "Er war so ein eizigartiger Mensch und Politiker, und er hat so viel bewegt für das Land." Niemand beschwert sich, dass Kärnten gut doppelt so viele Schulden und Arbeitslose hat wie das etwa gleich große Bundesland Salzburg, in dem am Sonntag ebenfalls Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen stattfinden.
"Grins, grins, grins. Griasdi, griasdi, griasdi. 100 Euro, 100 Euro, noch amal 100 Euro", so hat der Kärntner Schriftsteller Egyd Gstaettner kurz nach Haiders Tod dessen Politikstil beschrieben. Doch im Vergleich zu Haider, der es stets verstanden hatte, das autoritäre Antlitz seines nationalen Bauernsozialismus hinter einer modernen, ja fast sympathischen Maske zu verstecken, wie es der Wiener "Falter" formulierte, wirkt der um sechs Jahre jüngere Dörfler unbeholfen, provinziell und mitunter cholerisch.
"Burschikos" nennt Dörfler selbst das, was ihn vom "eleganteren" Haider unterscheide. Er betont gern, dass er aus ärmlichen Landarbeiterverhältnissen stammt, in einer Bank gelernt und eine Brauerei geführt hat, bevor ihn Haider 2001 als Quereinsteiger in die Politik holte. Und auf die Frage, was er besser kann, als sein Vorgänger, fällt ihm nur eins ein: "Bäume fällen". Das sieht offenbar auch die Partei so. Jedenfalls hat sie sich zur Sicherheit den Beinamen "Liste Jörg Haider" und ihrem Spitzenkandidaten einen Teamwahlkampf mit zwei weiteren Haider-Epigonen verordnet.
Doch obwohl Meinungsforscher inzwischen von einem Ergebnis höchstens um die 38 Prozent und einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPÖ ausgehen, verkündet Dörfler auch in Himmelberg mit trotziger Siegessicherheit: "Vorne wird ein Vierer stehen."