Abraham Lincoln war ein bedeutender US-Präsident. Barack Obama will noch einer werden. Mit zahlreichen Feiern und Veranstaltungen wird heute in den USA an den 16. Präsidenten erinnert. Selbstverständlich ist auch der 44. Präsident, Obama, mit dabei. Hier gibt es Bilder von Abraham Lincoln.
Washington. Keinen Vorgänger bewundert der neue US-Präsident mehr als Abraham Lincoln (1809-1865). Und selbstverständlich wird der demokratische Hoffnungsträger heute sowohl einen Kranz am Lincoln-Memorial in Washington niederlegen (heute Nachmittag gibt es Bilder). Auch bei einer Gala im Washingtoner Ford-Theater zum 200. Geburtstag Lincolns waren Barack Obama und seine Frau Michelle dabei. "Lincolns Entkommen aus der Armut, seine Meisterschaft in Sprache und Recht, seine Fähigkeit, persönliche Niederlagen zu verwinden und auch angesichts von Niederlagen entschlossen zu bleiben . . . erinnert mich auch an meine eigenen Kämpfe", sagte Obama in einem "Time"-Interview.
Der erste schwarze Präsident der USA will in vieler Hinsicht in die Fußstapfen des Präsidenten treten, der die Sklaverei abschaffte. Lincoln ist bis heute für die Amerikaner Symbolfigur für Freiheit, Menschenrechte und nationale Einheit. So wie Lincoln die Grundlagen für die modernen USA schuf, will Obama sein Land zu neuen Ufern des Friedens und der Prosperität führen. Der 47-Jährige aus Chicago lässt keine Gelegenheit aus, seine innere Verbundenheit mit dem bewunderten Vorbild deutlich zu machen.
Noch als er krasser Außenseiter im Kampf um das Weiße Haus war, wählte Obama im Februar 2007 symbolträchtig Springfield aus, um der Welt seine Botschaft des "Wandels" zu verkünden. Vor den Stufen des Staatskapitols meldete der Demokrat seine Anwartschaft auf die Präsidentschaft an. Genau dort hatte der bewunderte Republikaner Lincoln 1858 in seiner berühmten "House Divided Speech" die Sklaverei angeprangert, ihre verheerenden Auswirkungen auf die amerikanische Politik gebrandmarkt und die Einheit der Vereinigten Staaten von Amerika beschworen.
Wie Lincoln reiste Obama mit dem Zug von Philadelphia nach Washington zur Amtseinführung, nur das Obama wie ein Popstar gefeiert wurde, während Lincoln beklagte, er habe sich "wie ein Dieb in der Nacht" in die US-Hauptstadt schleichen müssen. Thema der Vereidigung Obamas war "eine Neugeburt der Freiheit" ein Zitat aus der berühmten Gettysburg-Rede Lincolns. Obama legte den Amtseid auf der Bibel ab, auf die schon Lincoln geschworen hatte. Sogar das Inaugurations-Mittagessen war eine Hommage an Lincoln: Gereicht wurden Lieblingsgerichte des großen Vorbilds wie Ente, Fasan und Süßkartoffeln sowie Zimt-Apfelkuchen.
Obama wie Lincoln haben das Land in Zeiten der Not übernommen. Auch im März 1861, als Lincoln ins Weiße Haus einzog, ging es den USA schlecht, das Land war zerrissen. Aber bis zu seinem tragischen Tod - Lincoln wurde am 14. April 1865 in dem Ford-Theater von einem fanatischen Südstaaten-Anhänger ermordet führte er das Land in die Moderne und ermöglichte eine Versöhnung der bitter verfeindeten Nord- und Südstaaten. Vor allem beseitigte er den "Geburtsfehler" der amerikanischen Gesellschaft, die Sklaverei. Die Gründungsväter der USA wie George Washington hatten sich dies entweder nicht getraut oder waren selbst Verfechter der Sklavenhaltung.
Lincoln, der 1809 in Kentucky geboren wurde und auf der kleinen Farm seines Vaters aufwuchs, befreite sich mit großem Ehrgeiz aus der bitteren Armut seiner Kindheit. Er bildete sich im Selbststudium zum Anwalt aus, zog nach Illinois, wo er gesellschaftlich aufsteigen und Erfolge in der Politik erzielen konnte. Als Lincoln 1861 Präsident wurde, spaltete vor allem die Frage der Sklaverei das Land. Die Südstaaten verließen die Union, weil sie sich ihre Plantagen für Baumwolle ohne Sklaven nicht vorstellen wollten.
Lincoln interpretierte dies als Verfassungsbruch, den er als Präsident nicht hinnehmen könne. Der Sezessionskrieg, der schließlich über 600000 Opfer forderte, endete mit dem Sieg der Nordstaaten. Lincoln, der die USA als ein einmaliges demokratisches Experiment der Menschheitsgeschichte ansah, triumphierte. Seine Prinzipientreue und Klugheit hatten ihn schon Lebzeiten populär gemacht. Der enorme Blutzoll des Bürgerkriegs aber bereitete Lincoln seinen Biografen zufolge zumindest zeitweise Depressionen.
Obama sieht sich Herausforderungen gegenüber, die vielleicht nicht so gigantisch sein mögen wie jene, mit denen Lincoln konfrontiert war. Aber er glaubt, dass er dem Land eine neue, hoffnungsvolle Richtung weisen müsse und dass kein anderer Präsident ihm charakterlich ein größeres Vorbild sein könnte wie eben Lincoln, der 16. Präsident der USA. 200 Jahre nach seiner Geburt werden die USA überschwemmt von Publikationen, Veranstaltungen und Studien, die sich alle mit Lincoln beschäftigen. Obama, US-Präsident Nr. 44, greift hoch, wenn er einmal die Popularität Lincolns bei den Amerikanern erreichen will.