Athen/Brüssel. Während die Töne in Athen immer schriller werden, hat erstmals ein Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) öffentlich von einem möglichen Euro-Aus für Griechenland gesprochen. Griechenland könne nach den Wahlen nicht mit einer Bereitschaft der EZB rechnen, sein Sanierungsprogramm neu zu verhandeln, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen dem "Handelsblatt". EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mahnte das Land ebenfalls: "Griechenland muss klar sein, dass es zu diesem vereinbarten Sanierungsprogramm keine Alternative gibt, wenn es Mitglied der Euro-Zone bleiben will", sagte er in Brüssel.
Der Chef der griechischen Radikallinken, Alexis Tsipras, ist momentan mit der Regierungsbildung beauftragt. Er will das Sparprogramm Griechenlands für nichtig erklären. Doch in Athen steht die Regierungsbildung nur wenige Tage nach der vorgezogenen Parlamentswahl vor dem Scheitern. Gestern Abend konnte sich Tsipras mit den Vorsitzenden der beiden anderen großen Parteien nicht auf eine Regierungsbildung einigen. Von heute an will Sozialisten-Chef Evangelos Venizelos sein Glück versuchen. Scheitert auch der Vorsitzende der drittstärksten politischen Kraft - was erwartet wird -, kommt es voraussichtlich im Juni zur erneuten Neuwahl.
Trotz der politischen Unsicherheiten erhält Griechenland vom Euro-Rettungsfonds EFSF weitere 5,2 Milliarden Euro. Das EFSF-Direktorium beschloss gestern Abend die Auszahlung des Kredits. 4,2 Milliarden Euro werden bereits heute ausgezahlt. Es handelt sich um das erste Geld aus dem nach langem Ringen beschlossenen zweiten Hilfspaket. Die restliche eine Milliarde Euro benötige Athen erst im Juni, hieß es gestern. Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, die EU könnte wegen des Widerstands in Griechenland gegen das vereinbarte Sparprogramm die Daumenschrauben anziehen und den neuen Hilfskredit zurückhalten.