Nach verlustreichen Jahren sei der Sieg gegen das Terrornetzwerk Al-Kaida nun in greifbare Nähe gerückt, sagte Obama bei seinem Besuch in Afghanistan.
Kabul/Islamabad. Bei einem symbolträchtigen Besuch in Afghanistan ein Jahr nach der Tötung von Terrorchef Osama bin Laden hat US-Präsident Barack Obama die Endphase des Krieges eingeläutet. Nach verlustreichen Jahren sei der Sieg gegen das Terrornetzwerk Al-Kaida nun in greifbare Nähe gerückt, sagte Obama am frühen Mittwochmorgen in einer Rede, die im US-Fernsehen zur besten Sendezeit live übertragen wurde. „Wir können das Licht eines neuen Tages am Horizont sehen“, sagte der Präsident auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram: „Unser Ziel ist es, die Al-Kaida zu zerstören, und wir sind auf dem Weg, genau das zu tun.“
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Wie prekär die Sicherheitslage noch immer ist, zeigte sich allerdings nur wenige Stunden nach Obamas Abreise. Bei einem Selbstmordanschlag in der Hauptstadt Kabul kamen mindestens sieben Menschen ums Leben. Wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte, zündete ein Täter eine Autobombe vor einer mehrheitlich von Ausländern bewohnten Siedlung.
Dabei seien vier Zivilpersonen in einem Auto, ein Passant, ein Wachmann eines nahegelegenen Gebäudes sowie eine bislang nicht identifizierte Person getötet worden. Zudem hätten zwei als Frauen verkleidete Angreifer die Anlage gestürmt und das Feuer eröffnet. Weitere 17 Menschen wurden bei dem Anschlag verletzt, darunter zahlreiche Schulkinder, wie das Innenministerium mitteilte.
Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Ein Taliban-Sprecher erklärte, bei der Tat habe es sich um eine Reaktion auf den Besuch von Obama gehandelt. Nach Einschätzung von Beobachtern zeigte die Tat, dass die Taliban noch immer in der Lage sind, selbst im relativ streng gesicherten Kabul Anschläge zu verüben.
Wenige Stunden zuvor hatte der US-Präsident in Afghanistan noch erklärt. „Wir haben die Taliban geschwächt. Wir haben starke afghanische Sicherheitskräfte aufgebaut. Wir haben die Führung der Al-Kaida vernichtet“, sagte er in Bagram.
Obama war am Dienstag unter hohen Sicherheitsvorkehrungen unangekündigt in Afghanistan eingetroffen. In Kabul unterzeichneten er und sein afghanischer Kollege Hamid Karsai ein strategisches Partnerschaftsabkommen, das die Rolle der Vereinigten Staaten in dem Land nach dem für 2014 geplanten Abzug der US-Truppen festschreibt. Der siebenstündige Aufenthalt Obamas war bis zuletzt streng geheim gehalten worden.
Mit Blick auf die Terroranschläge des 11. Septembers 2001 sagte der US-Präsident, nach einem Jahrzehnt der Konflikte im Ausland sei es nun an der Zeit für eine Erneuerung Amerikas. Unmittelbar nach der zehnminütigen Rede trat Obama den Rückflug nach Washington an.
Obama erklärte, der Sicherheitspakt lege die Rahmenbedingungen für die amerikanisch-afghanischen Beziehungen nach dem Truppenabzug 2014 fest. Die Kosten des Krieges seien hoch gewesen, doch die Vereinbarung über die strategische Partnerschaft ebne den Weg für eine friedliche Zukunft. Karsai sagte, der Pakt besiegele eine „gleichwertige Partnerschaft“ zwischen beiden Ländern.
Mit der Vereinbarung sind die USA nicht zu einer bestimmten Truppenstärke vor Ort oder der Höhe von Finanzhilfen verpflichtet. Sie sieht aber vor, dass die USA nach 2014 Soldaten im Land belassen dürfen – zur weiteren Ausbildung der afghanischen Streitkräfte und für Operationen gegen die Al-Kaida.
US-Regierungsvertreter hatten erklärt, bis zu 20.000 Soldaten würden nach 2014 in Afghanistan bleiben, aber das müsse noch verhandelt werden. Das Weiße Haus hatte zugesagt, den US-Kongress jedes Jahr um finanzielle Unterstützung für Afghanistan zu ersuchen.
Die mitreisenden Journalisten waren wegen möglicher Taliban-Anschläge zu Stillschweigen verpflichtet, bis Obama sicher mit dem Hubschrauber in der Hauptstadt Kabul eingetroffen war. Seine Fernsehansprache fiel auf den Tag, an dem im vergangenen Jahr eine US-Spezialeinheit in der pakistanischen Garnisonsstadt Abbottabad den lang gesuchten Chef des Terrornetzwerkes Al-Kaida, bin Laden, tötete.
Der unangekündigte Besuch hatte eine hohe symbolische Bedeutung für Obama, der für eine zweite Amtszeit kandidiert. Das Weiße Haus hoffte damit eine positive Botschaft zu vermitteln: Der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte zieht den Schlussstrich unter den Krieg in Afghanistan, sagt dem afghanischen Volk aber zu – und zwar vor Ort -, es nicht im Stich zu lassen. Obamas republikanischer Rivale Mitt Romney warf dem Präsidenten vor, die Tötung bin Ladens für den Wahlkampf zu missbrauchen.