US-Präsident plant Grundsatzrede zur arabischen Welt
Washington. Der Tod des Al-Qaida-Führers Osama Bin Laden durch die Kugeln amerikanischer Elitekrieger in Pakistan markiert für die Nahost-Politik des amerikanischen Präsidenten Barack Obama den Abschluss einer fast zehnjährigen Jagd - vor dem Hintergrund der Unruhen in der arabischen Welt zugleich aber eine Zeitenwende mit der Chance auf neue Strategien.
Wie die "New York Times" unter Berufung auf engste Mitarbeiter Obamas berichtete, will der Präsident den Tod Bin Ladens als Anlass für eine Neukalibrierung der amerikanischen Politik in der unruhigen Region nutzen.
Ein erster Schritt dazu könnte eine Grundsatzrede sein, die Obama in der kommenden Woche halten will. Benjamin Rhodes, einer seiner stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberater, sagte, die Botschaft dieser Rede werde sein: "Bin Laden ist die Vergangenheit; was in der Region jetzt passiert, ist jedoch die Zukunft."
Offenbar versucht der Staatschef, eine umfassende Theorie über die Volksaufstände von Tunesien bis Bahrain zu entwickeln. Die Experten der US-Regierung sortieren derzeit sorgfältig Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den einzelnen Staaten. Ferner hat der US-Präsident seinem Stab den Auftrag erteilt, gesellschaftliche Veränderungsprozesse der Vergangenheit in bis zu 60 Staaten zu untersuchen und Parallelen mit den aktuellen Vorgängen in der arabischen Welt herauszuarbeiten. Nach dem Bericht der "NYT" haben sie bereits herausgefunden, dass es einerseits Ähnlichkeiten zwischen Ägypten und Südkorea, den Philippinen und Chile gibt, andererseits zwischen Syrien und der Revolution in Rumänien 1989.
Allerdings gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen in der US-Regierung bezüglich der Lage in Arabien und der sich daraus ergebenen strategischen Optionen für Washington. Eine Denkschule ist der Meinung, die USA könnten nach der Eliminierung Bin Ladens nun mit größerem Druck auf politische Veränderungen in der Region drängen, da Ägypten, Syrien oder andere Staaten nicht mehr in Gefahr seien, dem islamischen Extremismus anheimzufallen. Andere Experten warnen jedoch, dass der Tod des Al-Qaida-Führers die etwa vom Jemen ausgehende Terrorgefahr keineswegs verringere, während die Vorgänge in Staaten wie Bahrain überhaupt nichts mit Bin Laden zu tun hätten.