Madrid. Die Zahl der Bootsflüchtlinge geht klar zurück. Spanien nimmt beim Grenzschutz künftig ein afrikanisches Land besonders in die Pflicht.

Eine Umfrage der größten spanischen Zeitung „El País“ spiegelt wider, was in ganz Europa zu spüren ist: Die Bevölkerung ist zunehmend besorgt über die Zuwanderung. Immer mehr Menschen sind der Meinung, dass zu viele Migranten ins Land kommen. Immer mehr Bürger verbinden die Zuwanderung mit Kriminalität, Überlastung der Sozial- und Gesundheitssysteme und kulturellen Konflikten. Kurz: Die migrationskritische Stimmung wächst. 

Doch in der Debatte um die Migrationspolitik geht unter, dass es durchaus Erfolge zu vermelden gibt. Dazu gehört, dass die Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die nach Europa kommen, in diesem Jahr erheblich zurückgegangen ist. Laut dem Dezember-Bericht der EU-Grenzschutzagentur Frontex wurden seit Jahresbeginn bis Ende November 221.000 irreguläre Migranten an den EU-Außengrenzen registriert. Insgesamt, also an Land- und an Seegrenzen, sank die Zahl somit um 40 Prozent.  

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Eine der wichtigsten Migrationsrouten führt von Afrika aus über das Meer nach Südeuropa. Hier trägt die zunehmende Zusammenarbeit mit den afrikanischen Transitstaaten Früchte. Am deutlichsten zeigt sich dies in Italien. Zwar ist Italien nach wie vor das südeuropäische Land, in dem die meisten irregulären Migranten per Boot ankommen. Doch wurden dort nach Frontex-Angaben 59 Prozent weniger Flüchtlinge und Migranten registriert. In konkreten Zahlen: in 2024 wurden etwa 65.000 gezählt, im Vorjahr waren es im selben Zeitraum rund 160.000.  

Auf dem Weg in die EU: Zahl der Geflüchteten ist erheblich zurückgegangen

Frontex begründet diese Entwicklung an der italienischen Küste mit „präventiven Maßnahmen“ der Anrainerstaaten Libyen und Tunesien, „um die Aktivitäten der Schlepper zu unterbinden“. Zum Beispiel, indem diese nordafrikanischen Transitländer, von denen viele Elendsboote ablegen, die Rolle des EU-Grenzschutzes übernehmen. Im Klartext: Migrantenboote werden vor der afrikanischen Küste abgefangen und zurückgeschleppt. Die EU belohnt diese Kooperation mit millionenschweren Geldzahlungen an die Transitstaaten.  

Migranten auf den Kanarischen Inseln - Jahreschronik 2024
Die Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die nach Europa kommen, ist erheblich zurückgegangen. © DPA Images | Antonio Sempere

Durch diese „Pull-Backs” genannten Abwehrmaßnahmen an der EU-Wassergrenze werden inzwischen jährlich Zehntausende von Migranten daran gehindert, Europa zu erreichen. So wurden nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR allein von Januar bis Oktober 2024 mehr als 17.000 Migranten nach Libyen zurückgebracht. Nach Tunesien wurden sogar mehr als 33.000 Schiffs-Migranten zurückgeschleppt.   

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Auch wenn offiziell wenig über diese „Pull-Backs“ bekannt wird, die übrigens von Menschenrechtlern sehr kritisch gesehen werden: Man weiß, dass vor den Küsten Griechenlands und Spaniens ähnlich verfahren wird. So berichtete das UNHCR unter Berufung auf die türkischen Behörden, dass zum Beispiel im August, September und Oktober nahezu jedes zweite Boot mit Flüchtlingen und Migranten „gerettet oder abgefangen“ wurden, bevor griechisches Gewässer erreicht wurde.  

Kooperationen mit westafrikanischen Ländern scheinen erfolgreich zu sein

Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska spricht von rund 40 Prozent aller Bootsflüchtlinge, die durch die Kooperation vor allem mit Marokko und dem Senegal in afrikanischen Gewässern gestoppt werden können. Nun drängen Spanien und die EU auch Mauretanien zu einer besseren Grenzkontrolle und haben dem westafrikanischen Land dafür 500 Millionen Euro zugesagt. Denn nachdem die Seegrenzen Marokkos und Senegals weniger durchlässig geworden sind, legen die meisten Boote Richtung in Spanien jetzt in Mauretanien ab und steuern über die Atlantikroute die spanischen Kanaren an.  

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Jedes Mal, wenn ein Schlupfloch an der EU-Außengrenze geschlossen wird, verlagern die Schlepper ihre Routen. Oder wie es in der Frontex-Zentrale in Warschau heißt: „Während es auf einigen Migrationsrouten weniger Überfahrten gibt, werden andere aktiver.” Das gilt derzeit für Griechenland und Spanien. Nachdem sich die Bootsankünfte in Italien mehr als halbiert haben, kommen wieder mehr Migranten an den griechischen und spanischen Küsten an.  

So registrierten zum Beispiel die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln in 2024 mit mehr als 44.000 so viele Boatpeople wie noch nie. Doch trotz dieser Verschiebungen weist die Frontex-Migrationsbilanz an den südeuropäischen Seegrenzen im Jahr 2024 unter dem Strich immer noch einen Rückgang von 27 Prozent auf. 

Steigende Anzahl an Abschiebungen – besonders viele in Frankreich und Deutschland

Auch bei den Abschiebungen, die durch die mangelnde Bereitschaft vieler Herkunftsländer und bürokratische Hürden erschwert werden, zeichnet sich eine positive Entwicklung ab: Laut dem europäischen Statistikamt Eurostat haben die 27 EU-Staaten im vergangenen Jahr genau 111.185 zwangsweise Rückführungen von Nicht-EU-Bürgern in Drittstaaten erfolgreich abgeschlossen. Das ist ein Anstieg von 25 Prozent gegenüber 2022 und um 40 Prozent gegenüber 2021. In 2024 setzte sich, nach den bisher vorliegenden Zahlen, diese positive Tendenz fort. 

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Die meisten Abschiebungen wurden im ersten Halbjahr 2024 von Frankreich (7760) durchgeführt, gefolgt von Deutschland (6780) und Schweden (5725). Auch Österreich gehörte mit 3185 erfolgreichen Rückführungen zum oberen Drittel jener EU-Staaten, die vergleichsweise viel in Drittstaaten abschieben.