Dresden/Berlin. Sachsens Regierungschef ist weiterhin Michael Kretschmer. Im zweiten Wahlgang erhielt der CDU-Politiker im Landtag die notwendige Mehrheit.

Michael Kretschmer (49) ist vom Landtag erneut zum sächsischen Ministerpräsidenten gewählt worden. Während er im ersten Wahlgang noch mit 55 Stimmen scheiterte, stimmten im zweiten Wahlgang 69 Abgeordnete für ihn und damit deutlich mehr, als seine schwarz-rote Minderheitsregierung hat.

In einem Statement nach der Wahl dankte Kretschmer den Abgeordneten für ihr Vertrauen: „Es gibt sehr viele verantwortungsvolle Kollegen, die dazu beigetragen haben, dass wir heute nicht in einem Chaos versinken“, sagte Kretschmer und versprach eine Zusammenarbeit mit der Opposition: „Es ist mein großer Wunsch, über Parteigrenzen hinweg zu arbeiten und ich bin sehr dankbar für diese verantwortungsvolle Opposition.“

Kretschmers Wiederwahl war unsicher, denn nachdem die Sondierungen über eine sogenannte Brombeer-Koalition mit dem BSW gescheitert waren, hat Kretschmer mit der SPD nur eine Minderheitsregierung ausgehandelt. Beide Parteien wollen künftig über einen Konsultationsmechanismus die anderen Fraktionen frühzeitig in geplante Gesetzesvorhaben einbinden, um sich Mehrheiten im Landtag zu sichern. Es soll laut Koalitionsvertrag im Landtag Gelegenheit geben, Positionen zu den wesentlichen Vorhaben der Regierung zu artikulieren. Die unterschiedlichen Auffassungen im Landtag sollen dann in den Gesetzgebungsprozess einfließen.

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Diese Gegenkandidaten hatte Kretschmer

Für eine Überraschung sorgte im zweiten Wahlgang der Kandidat der Freien Wähler, Matthias Berger, der 39 Stimmen erhielt. Diese stammen offenbar aus der AfD, da deren Kandidat, Fraktionschef Jörg Urban nur eine Stimme erhielt. Berger, früherer Oberbürgermeister von Grimma hatte bei der Wahl ein Direktmandat errungen und zog so in den Landtag ein. Ihm schwebte die Bildung einer parteiübergreifenden Expertenregierung vor.

Im ersten Wahlgang brauchte ein Kandidat die absolute Mehrheit von 61 Stimmen, um zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden. Die schwarz-rote Minderheitsregierung hat allerdings nur 51 Mandaten, weshalb sie Unterstützung aus anderen Fraktionen benötigte. AfD und Grüne wollen Kretschmer keine Stimme geben. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hatte die Abstimmung freigegeben – AfD-Chef wollten die Abgeordneten allerdings auf keinen Fall unterstützen. Die Linken unterstützten Kretschmer, um die mögliche Wahl von Urban oder Berger zu verhindern.

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Es drohte ein Kemmerich-Szenario

Unklar war ferner, ob AfD-Mann Urban und Freie Wähler-Kandidat Berger schon in Runde eins gegen Kretschmer antreten. Im zweiten Wahlgang reichte dann zwar die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Hätten Urban und Berger zusammen aber mehr Stimmen als Kretschmer haben, wäre dieser nicht gewählt gewesen.

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#2 Sahra Wagenknecht über den Bruch mit der Linken

Meine schwerste Entscheidung

Beobachter fürchteten ein ähnliches Szenario, wie es sich 2020 bei der Ministerpräsidentenwahl im Thüringer Landtag ereignete. Damals hatte die AfD gegen ihren eigenen Kandidaten gestimmt und stattdessen für den FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich votiert, der so überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Im zweiten Wahlgang stimmten dann offenbar auch viele AfD-Abgeordnete für den Freie Wähler-Kandidaten Berger.

Die sächsische Landesverfassung schreibt vor, dass der Ministerpräsident spätestens vier Monate nach der Konstituierung eines neuen Landtages gewählt werden muss. Die CDU war bei der Landtagswahl am 1. September mit 31,9 Prozent der Stimmen knapp vor der AfD (30,6 Prozent) stärkste Kraft geworden. Die Union stellt im Parlament 41 Abgeordnete, die AfD 30. Das BSW ist mit 15 Parlamentariern vertreten, die SPD mit. Grüne und Linke kommen auf sieben beziehungsweise sechs Abgeordnete, die Freien Wähler auf einen.