Ankara. Migrationsdruck hält nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien an. Zahlreiche Tote und Vermisste bei Bootsunglücken vor Griechenland.
Der Migrationsdruck im östlichen Mittelmeer lässt auch nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien nicht nach. Am Wochenende sind binnen weniger Stunden im östlichen Mittelmeer vor Griechenland vier Migrantenboote in Seenot geraten oder gesunken. 202 Menschen konnten gerettet werden. Mindestens fünf sind ertrunken. Dutzende werden vermisst.
In der Nacht zum Samstag kenterte 23 Kilometer südwestlich von Gavdos, Griechenlands südlichster Insel, ein Migrantenboot. 39 Menschen konnten von der griechischen Küstenwache gerettet werden. Bis zum Sonntag fanden die Bergungsmannschaften fünf im Meer treibende Leichen. An Bord des Bootes sollen sich nach Aussagen Überlebender rund 80 Menschen befunden haben. Demnach werden etwa 35 Personen vermisst. Aber die Aussichten, Überlebende zu finden, galten am Sonntag als äußerst gering. Bei drei weiteren Havarien konnten am Wochenende vor Gavdos und an der Südspitze der Halbinsel Peloponnes insgesamt 163 Migranten gerettet werden.
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Die Türkei hat 2,9 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. 7500 von ihnen gingen zurück
Nach Angaben der Küstenwache handelt es sich bei den meisten um Pakistaner. Woher die Boote kamen, ist noch unklar. Gavdos liegt vor der Südküste von Kreta. Die Migrantenboote, die Gavdos ansteuern, kommen meist von der Küste Ägyptens oder Libyens.
In Griechenland ist die Zahl der Flüchtlinge und irregulär einreisenden Armutsmigranten in diesem Jahr deutlich angestiegen. 2023 wurden nach Angaben des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 48.721 Ankünfte gezählt, in diesem Jahr waren es bis zum 8. Dezember bereits 58.225. Fast 40 Prozent der Schutzsuchenden kamen aus Syrien, gefolgt von Afghanistan, Ägypten und Eritrea.
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Wie sich der Sturz des Assad-Regimes auf die Migration auswirken wird, ist noch ungewiss. Die Türkei beherbergt nach Angaben des Innenministeriums in Ankara aktuell 2,9 Millionen syrische Kriegsflüchtlinge. Migrationsexperten vermuten, dass die meisten von ihnen erst einmal die weitere Entwicklung in Syrien abwarten werden. Das könnte den Migrationsdruck aus der Türkei an den EU-Außengrenzen Griechenlands und Bulgariens zwar mindern. Eine Rückkehr nach Syrien scheuen aber offenbar die meisten Flüchtlinge bisher. Seit dem Sturz des Machthabers Assad sind nach offiziellen türkischen Angaben erst etwa 7500 Menschen zurückgekehrt. Das liegt nicht nur an der Ungewissheit über die weitere Entwicklung in Syrien. Wer als Flüchtling ausreist, verliert damit sein Aufenthaltsrecht in der Türkei und kann vorerst nicht wieder zurückkehren.