Berlin/Brüssel. Nach dem Sturz des Assad-Regimes wird über Änderungen der Asylpolitik diskutiert. Was Scholz und Merz sagen – und eine brisante Idee.
Es ist nach dem Sturz des Assad-Regimes das große Debattenthema der deutschen Politik: Was ändert sich für die syrischen Flüchtlinge in Deutschland und für diejenigen, die jetzt erst noch zu uns kommen wollen? Nachdem Unionspolitiker zunächst Rückkehrprämien und Abschiebungen ins Gespräch gebracht hatten, kommt jetzt von den Grünen ein überraschender Vorstoß: Die Asylregelungen für Syrer in Deutschland und den anderen EU-Staaten sollten gelockert werden, um den Betroffenen einen zunächst vorübergehenden Aufenthalt in Syrien zu ermöglichen.
Die außenpolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, Hannah Neumann, sagte unserer Redaktion, viele Syrer und Syrerinnen in Europa seien bereit, beim Wiederaufbau vor Ort zu helfen, sie stießen jedoch auf Hindernisse aufgrund der Asylregeln. Notwendig seien jetzt flexible Ausnahmeregelungen, die es Syrern ermöglichten, in Syrien eine demokratische Regierungsbildung und den Wiederaufbau vor Ort zu unterstützen, ohne damit ihren Asylstatus in Deutschland oder einem anderen EU-Staat zu riskieren. Ohne solche Ausnahmen liefen Betroffene im schlimmsten Fall Gefahr, nicht mehr zu ihrer Familie in Europa zurückkehren zu können, betonte die Nahost-Expertin, die dem Berliner Landesverband der Grünen angehört.
Scholz: „In unseren Krankenhäusern arbeiten rund 5.000 syrische Ärztinnen und Ärzte“
Neumann warnte zugleich vor einem Wettbewerb von EU-Staaten um Abschiebungen: „Was wir jetzt in der EU brauchen, ist kein Rennen darum, welches Land zuerst Menschen nach Syrien abschiebt, sondern eine einheitliche Positionierung dazu, wie wir am besten humanitäre Hilfe leisten und Syrer bei einer demokratischen Regierungsbildung und dem Wiederaufbau unterstützen können“, sagte die Grünen-Politikerin.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherte unterdessen den in Deutschland gut integrierten Syrerinnen und Syrern einen weiteren verlässlichen Aufenthalt zu. „Wer hier arbeitet, wer gut integriert ist, der ist und bleibt in Deutschland willkommen. Das ist völlig selbstverständlich“, sagte Scholz. „Allein in unseren Krankenhäusern arbeiten rund 5.000 syrische Ärztinnen und Ärzte“, fügte Scholz hinzu.
Manche Äußerungen der vergangenen Tage nach dem Sturz des Diktators Baschar al-Assad hätten die „syrischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürger tief verunsichert“. Erst die kommenden Tage, Wochen und Monate würden zeigen, in welche Richtung sich Syrien ohne Assad entwickelt. „Manche der Geflüchteten hoffen, dass sie bald in ihre Heimat zurückkehren können“, sagte der Kanzler. „Auch das werden wir unterstützen, sobald es die Lage zulässt.“
Merz: „Dann wird man nach Syrien künftig auch abschieben können und müssen“
Zuvor hatte sich schon die FDP für eine Bleibeperspektive ausgesprochen: Diejenigen unter den syrischen Flüchtlingen in Deutschland sollten eine Bleibeperspektive erhalten, die ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und „Teil unserer Gesellschaft geworden sind“, hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr unserer Redaktion gesagt. Er denke etwa an Syrer, die in Krankenhäusern oder in der Pflege arbeiten.
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CDU-Chef Friedrich Merz sagte, viele Syrerinnen und Syrer „werden auch hier bleiben, weil sie hier arbeiten und mittlerweile deutsche Staatsangehörige sind“. Diejenigen, die sich nicht integrieren wollten, „werden zurückkehren müssen, wenn der Schutzstatus entfällt“, sagte der Unions-Kanzlerkandidat der „Rheinischen Post“. Sollten sie das nicht freiwillig tun, „dann wird man nach Syrien künftig auch abschieben können und müssen.“
Wegen des Bürgerkriegs in Syrien sind seit 2011 Hunderttausende nach Deutschland geflohen. Zum Jahresende 2023 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 712.000 syrische Schutzsuchende im Ausländerzentralregister registriert. Deutlich größer als die Zahl der syrischen Schutzsuchenden ist hierzulande die der Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte. Laut Mikrozensus lebten im vergangenen Jahr in Deutschland knapp 1,3 Millionen Menschen, die selbst oder deren beide Elternteile aus Syrien eingewandert sind.
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