Berlin. In Umfragen liegt die SPD zurück. Scholz spielt dennoch auf Sieg. Dafür setzt er auf Vertraute – zu denen zählt auch ein „Parteisoldat“.
Die Umfragen sind schlecht: Keine hundert Tage vor der Wahl liegt die SPD weit hinter der Union. Kanzler Olaf Scholz tritt zu der vorgezogenen Neuwahl am 23. Februar 2025 dennoch mit einem ehrgeizigen Ziel an: „So wie beim letzten Mal wollen wir stärkste Partei werden.“ Der Kanzler setzt auf einen Kreis von Vertrauten, um dies zu erreichen.
Lars Klingbeil
Seit Beginn der Ampel-Regierung ist es erstaunlich ruhig gewesen in der SPD, obwohl viele Sozialdemokraten in Partei und Bundestagsfraktion unzufrieden gewesen sind mit dem Auftreten des Kanzlers und der SPD-Bilanz. Dies wird vor allem Parteichef Lars Klingbeil zugeschrieben, der in der Partei eine deutlich bessere Stellung hat als seine Mitvorsitzende Saskia Esken. Die ruhige und sachliche Art des Niedersachsen schien der Partei gutzutun. Der Kanzlerkandidatenprozess ist Klingbeil allerdings entglitten.
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Nach dem Bruch der Koalition hat der Parteichef es schlichtweg versäumt, die Kandidatenfrage innerhalb weniger Tage zu klären. Erst so konnte die Debatte, anstatt mit Scholz mit Verteidigungsminister Boris Pistorius anzutreten, in der Partei eine solche Dynamik entwickeln. Klingbeil zeigte sich im Nachhinein selbstkritisch, er forderte die SPD auf, gemeinsam „den Schalter umzulegen“. Klingbeil gilt als damaliger Generalsekretär als Stratege des Scholz-Wahlsiegs 2021. Der Kanzler setzt darauf, dass Klingbeil wieder liefert.
Boris Pistorius
Als Klingbeil und Esken am Montag nach einem Votum des Parteivorstands öffentlich die einstimmige Nominierung von Scholz zum Kanzlerkandidaten der SPD verkünden, steht einer demonstrativ an seiner Seite und applaudiert: Boris Pistorius. Die Botschaft ist eindeutig, Pistorius will deutlich machen, dass von ihm keine Querschüsse zu erwarten sind. Kürzlich beteuerte der Niedersachse bereits: „Ich bin Parteisoldat.“
Boris #Pistorius applaudiert der Nominierung von Olaf #Scholz zum #Kanzlerkandidaten der #SPD. pic.twitter.com/YukspbTn69
— Jan Dörner (@Jan_Doerner) 25. November 2024
Der Bundesverteidigungsminister hatte die turbulente Debatte um die Kanzlerkandidatur und die Hoffnungen einiger Sozialdemokraten allerdings befeuert, indem er zu spät erklärte, nicht zur Verfügung zu stehen. Falsche Äußerungen von Boris Pistorius könnten den Wahlkampf von Scholz torpedieren. Doch die beiden Männer betonen jetzt ihre Geschlossenheit. Scholz hebt seine Freundschaft zu Pistorius hervor, lobt dessen Kompetenz und fügt hinzu, „dass wir jetzt gemeinsam diesen Wahlkampf führen und gewinnen wollen“.
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Matthias Miersch
Der Generalsekretär muss durch die vorgezogenen Neuwahlen einen extrem kurzen Wahlkampf organisieren. Matthias Miersch ist erst seit wenigen Wochen im Amt, er folgte dem erkrankten Kevin Kühnert. In den vergangenen Chaos-Tagen geriet neben den Parteichefs Klingbeil und Esken auch Miersch in der SPD in die Kritik. Auf den 55-Jährigen dürfte im Wahlkampf die Rolle des Ausputzers für Scholz zukommen.
„In diesen stürmischen Zeiten ist es nicht die Aufgabe des Kanzlers, nach Schlagzeilen zu lechzen“, sagte Miersch kürzlich in einem Interview mit dieser Redaktion. Die „inhaltlichen Unterschiede zu den Mitbewerbern“ werde die Partei deutlich machen. In den vergangenen Wochen fiel Miersch mit deutlicher Kritik an Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) auf.
Wolfgang Schmidt
Der Scholz-Vertraute ist der Stratege hinter der politischen Karriere des Kanzlers. Seit 2002 ist Wolfgang Schmidt an der Seite von Olaf Scholz, er folgte ihm aus Hamburg ins Bundesfinanzministerium und schließlich als Chef des Bundeskanzleramts in die Schaltzentrale der Macht. Schmidt ist ein im politischen Berlin ebenso respektierter wie gefürchteter Taktiker. Im Umfeld des Kanzlers ist wohl niemand Scholz so treu verbunden wie der 54-Jährige. Schmidts Ziel ist klar: Er will seinen Chef erneut ins Kanzleramt bringen. An einem starken Ergebnis der SPD hat Schmidt bei dieser Wahl auch aus einem anderen Grund ein großes Interesse: Der bisher nicht im Bundestag vertretene Schmidt tritt bei der vorgezogenen Neuwahl in Hamburg-Eimsbüttel als Kandidat an.
Raphael Brinkert
Im Wahlkampf fiel der spätere Sieger mit seinen Plakaten auf: Auf knallrotem Hintergrund war ein schwarz-weiß fotografierter Olaf Scholz zu sehen. Dazu Slogans wie: „Jetzt 12 Euro Mindestlohn wählen. Scholz packt das an“. Der kreative Kopf dahinter war Raphael Brinkert. Die Kampagne seiner Agentur BrinkertLück sei „elementarer Bestandteil“ des Wahlerfolgs der SPD gewesen, sagte der Werbefachmann später in einem Interview. „Die Fokussierung auf Olaf Scholz und die Thematisierung der relevanten Kernbotschaften aus dem Programm waren dabei effektiv und einprägsam zugleich.“ Der Agenturgründer hatte zuvor auch für die CDU gearbeitet, seit dem Wahlsieg 2021 hielt Brinkert aber der SPD die Treue. Die Kampagne für die Wahl im Februar hat die SPD wieder in seine Hände gelegt.
Britta Ernst
Die Ehefrau des Kanzlers ist selbst erfahrene Politikerin und frühere Landesministerin. Britta Ernst kann ihrem Mann Ratschläge geben, zu Hause diskutieren die beiden über Politik. Ernst ist aber in stressigen Wahlkampfzeiten auch eine emotionale Stütze für Olaf Scholz. Der SPD-Politiker hat schon mehrfach bekundet, wie wichtig Britta Ernst in seinem Leben ist, und öffentliche Liebeserklärungen abgegeben. Das Paar erholt sich gemeinsam beim Kochen oder beim Sport.
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