San Francisco. Kremlchef Putin prahlt mit einer Rakete, die womöglich nicht mal einen Sprengkopf trug. Ihre Sprengkraft war trotzdem enorm: politisch.
Viele Experten bezweifeln, dass die russische Rakete „Oreschnik“ beim Angriff auf Dnipro scharf war. Dazu zählen Fabian Hoffmann von der Universität Oslo und Frank Sauer von der Bundeswehr-Universität in München. Zu den „Sprengköpfen“ sagte er der „Zeit“: „Ich vermute zur Zeit, das waren Dummies.“ Viel Aufregung um eine Attrappe?
Die Wirkung im Ukraine-Krieg: minimal. Die politische Sprengkraft: maximal. Denn viele westliche Staaten reagierten alarmiert. Sie hatten die doppelte Botschaft verstanden. Russland kann eine Eskalationsstufe höher gehen: Rest-Europa ins Visier nehmen und mit dieser Waffe atomar angreifen.
Am Tag danach haben die Verantwortlichen in Moskau die Dosis an Angst und Abschreckung noch einmal erhöht. Der Chef der strategischen Raketenstreitkräfte, Sergej Karakajew, erklärte laut russischen Nachrichtenagenturen, die Rakete könne „Ziele auf dem ganzen Gebiet Europas angreifen“. Kremlchef Wladimir Putin kündigte an, sie werde jetzt in Serienproduktion gehen.
Geschwindigkeit hoch, Präzision ein Rätsel
Am Vortag war noch davon die Rede, dass sie noch in einer experimentellen Phase sei. Die Erprobung geht jedenfalls weiter, auch im Kampfeinsatz in der Ukraine, wie Putin ausdrücklich klarstellte.
Viel ist über die Waffe nicht bekannt, außer, dass sie mit Hyperschallgeschwindigkeit fliegen soll; für Flugabwehrsysteme schwer zu treffen. Außerdem kann sie mehrere Gefechtsköpfe tragen.
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Darum ging die Ukraine von einer anderen Rakete aus
Im Nachhinein ist klar geworden, warum die Ukraine sie zunächst für eine Interkontinentalrakete des Typs RS-26 Rubesch gehalten hat. Zum einen kann ihre Reichweite zwischen 3.000 und 5.550 Kilometern liegen, was in die Nähe von Interkontinentalraketen käme. Zum anderen scheint sie technisch eine Weiterentwicklung der RS-26 zu sein.
Die Entwicklung dieser Rakete war 2018 gestoppt worden. Der Grund ist im Westen unbekannt. Es gibt zwei Theorien dazu. Die eine besagt, dass sie solche Entfernungen nie geschafft hat und nun als Mittelstreckenrakete eine neue Verwendung findet; vielleicht auch aus der Not heraus, weil die Verluste im Ukraine-Krieg enorm sind.
Die andere besagt, dass sie von vornherein ab 2011 für die Mittelstrecke geplant war und nur als Interkontinentalrakete ausgegeben und definiert würde, um im erlaubten Rahmen der damaligen Abrüstungsverträge zu bleiben. Das eine ist eine technische Frage, das andere eine Frage der rechtspolitischen Rechtfertigung und Opportunität.
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„So eine Waffe hat bisher niemand anders auf der Welt“
Ihre Zielgenauigkeit ist das große Rätsel. Bei einer atomaren Bestückung ist die Trefferquote nicht so relevant, weil die Sprengkraft enorm zerstörerisch ist. Bei konventionellen Sprengköpfen kommt es aber entscheidend auf die Präzision an: Ob sie ihr Ziel punktgenau treffen oder nicht.
Im Ukraine-Krieg könnte der militärische Nutzen überschaubar sein. Aber die Wirkung im Westen war trotzdem unerhört groß. „So eine Waffe“, sinnierte Putin, habe „bisher niemand anders auf der Welt“.
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