Berlin. Nordkorea fährt die Waffenproduktion hoch. Die Situation ist so angespannt wie seit Jahrzehnten nicht. Bekommt der Süden jetzt Atomwaffen?
Kaum war Anfang November die US-Präsidentschaftswahl entschieden, schlugen viele in Südkorea die Hände überm Kopf zusammen. Schon wieder Donald Trump? Dieser Rechtspopulist, der ab Januar der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird, hatte in Südkorea schon einmal alles Mögliche über den Haufen geworfen. Als Trump von 2016 bis 2020 den mächtigsten Staat der Welt regierte, verpasst er diversen Ländern Strafzölle – darunter auch Südkorea.
Nun könnte Ähnliches erneut drohen. Denn während Trump und seine Berater besessen sind von der Idee, kein Handelsdefizit mit anderen Ländern zu erwirtschaften, zählt Südkorea zu jenen Staaten, die relativ viele Technologie- und Stahlprodukte in die USA exportieren. Eine Neuauflage von Trumps Isolationismus könnte dazu führen, dass unter mehreren Ländern auch Südkorea – eigentlich ein strategischer Partner der USA – ökonomisch zu leiden haben werden.
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Dies übrigens auch noch auf einer anderen Ebene: Die USA unterhalten auf südkoreanischem Boden eine große militärische Truppenpräsenz. Einerseits soll dies die Sicherheit Südkoreas garantieren, das sich dem verfeindeten Ein-Parteienstaat Nordkorea gegenübersieht. Andererseits manifestieren die USA hiermit ihre globale Führungsrolle – ähnlich wie mit Militärbasen in anderen Ländern wie etwa Japan, Deutschland oder den Philippinen.
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Südkorea genießt nukleares Schutzschild der USA – das könnte sich unter Trump ändern
Trump aber hat mehrmals angedeutet, dass eine Führungsrolle dieser Art – die die USA jährlich viel Geld kostet, weil Personal wie Rüstung bereitgestellt und unterhalten werden – keine Priorität sein wird. Eher möchte er offenbar Geld sparen und die Partnerstaaten dazu bewegen, einen größeren Anteil ihrer Verteidigung selbst zu schultern. Auch solche Verhandlungen dürften nun auf Südkorea zukommen.
Und sie kämen zu einer Unzeit: Denn auf der Koreanischen Halbinsel ist die Situation so angespannt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Der dreijährige Koreakrieg ab 1950, der Millionen Menschenleben kostete, wurde 1953 nach jahrelangen Verhandlungen durch einen Waffenstillstand beigelegt. Nun aber droht dieser Zustand instabil zu werden. Nordkoreas Diktator Kim Jong-un hat vor einigen Tagen sein Militär dazu aufgerufen, ihren Fokus auf Kriegsvorbereitungen zu legen.
Auch Südkoreas rechtspopulistischer Präsident Yoon Suk-yeol hat dem Norden immer wieder mit harten Reaktionen gedroht. Die Zahl der Militärmanöver mit den USA und auch Japan hat in den letzten Jahren zugenommen. Und selbst im Ukraine-Krieg verhärten sich die koreanischen Fronten: Der Norden unterstützt den russischen Angriff, der Süden steht der Ukraine bisher nur mit humanitärer Hilfe bei. Nachdem Nordkorea offenbar Personal nach Russland geschickt hat, droht Südkorea derzeit mit Waffenlieferungen an die Ukraine.
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Südkorea: Rund zwei Drittel der Menschen befürworten eigene Atomwaffen
Aber all das könnte eben deutlich teurer werden, wenn Donald Trump bald die militärische US-Unterstützung für Südkorea reduziert. Wobei dies nicht wenige in Südkorea auch als Chance sehen. Im ostasiatischen Land debattiert man längst, ob man seine Verteidigung nicht grundsätzlich verstärken sollte: Nämlich in Gestalt eigener Atomwaffen. Bisher befindet sich Südkorea unterm nuklearen Schutzschild der USA. Müsste Südkorea stärker für sich selbst sorgen – zählten dazu auch Atomwaffen?
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In Südkoreas regierender Konservative stellt man sich darauf ein. So erklärten mehrere Politiker der People Power Party, das Land solle dem Ziel, Zugang zu eigenen Atomwaffen zu erhalten, nun verstärkt nachgehen. Der pensionierte Drei-Sterne-General Han Ki-ho, der als führender Militärexperte der Regierungspartei gilt, sagte gar: „Für Südkoreas Überleben ist die nukleare Bewaffnung vielleicht der einzige Weg, der uns bleibt.“ Andere Politiker haben ähnlich klare Worte gefunden.
Diese Haltung wird nicht überall geteilt. Moon Chung-in, Politikprofessor der Yonsei-Universität in Seoul und einst Berater liberaler Vorgängerregierungen, sieht ein atomar aufgerüstetes Südkorea als „Pfad zu einer Katastrophe“. Anhand internationaler Verpflichtungen sei Südkorea nur zur friedlichen Nutzung der Atomkraft berechtigt. „So würde Südkorea hart sanktioniert werden. Noch mehr besorgt mich aber, dass dann ein nuklearer Dominoeffekt eintreten könnte.“
Experte Moon warnt vor einem globalen Aufrüsten nuklearer Waffen
Moon meint damit, dass nicht nur Russland verstärkt Nordkoreas Atomprogramm unterstützen würde, sondern sich auch Japan und Taiwan um eigene Atomwaffen bemühen könnten. „Dies wiederum könnte Chinas Atomwaffen auf eine Weise ausrichten, die uns nicht gefällt“, so Moon. Die Mehrheitsmeinung vertritt Moon Chung-in derzeit aber nicht. Laut einer Umfrage aus dem vergangenen Sommer befürworten rund zwei Drittel der Menschen in Südkorea, dass das Land eigene Atomwaffen habe.
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Wobei der Professor anmerkt: „Die meisten Menschen wissen nicht, was das bedeuten würde. Durch Sanktionen hätte Südkorea es dann auch schwerer, diverse Produkte zu exportieren. Aber unsere Volkswirtschaft ist stark von Exporten abhängig.“ In der Konservativen wiederum hofft man, dass ein neues Abkommen mit den USA diese Probleme erlösen würde. Moon hält dies für „Wunschdenken“. Insbesondere internationale Verträge ließen sich nicht so schnell ändern.