Washington. Künftiger Präsident triumphiert. Justiz legt Prozesse auf Eis. Doch eine böse Überraschung in New York könnte ihm noch blühen.
Für Donald Trump hatte der Wahlausgang am 5. November nicht nur eine politische Dimension. Bei einer Niederlage hätte sich für den Republikaner die Existenzfrage gestellt. Mehrere Strafverfahren, die teils seit Monaten auf Eis liegen oder im Verfahrensgang stocken, wären wieder aufgenommen worden. Im Falle einer Verurteilung hätten dem 78-Jährigen mehrjährige Gefängnisstrafen gedroht.
All das ist seit Mittwoch vom Tisch. Der Sieg über Kamala Harris hat Trump de facto über Nacht vor dem Zugriff Justitias immunisiert.
Trump wird Präsident und der Rechtsstaat fährt die Krallen ein
Noch bevor Trump am 20. Januar erneut ins Weiße Haus einzieht und frühestens dann durch die Ernennung eines loyalen Generalstaatsanwalts die auf Bundesebene laufenden Verfahren hätte einstellen lassen können, hat der Rechtsstaat die Krallen eingefahren.
Sonder-Ermittler Jack Smith hat am Freitag darum gebeten, alle anstehenden Gerichtstermine in den von ihm verfolgten Themenkomplexen zu stornieren. Die in Washington zuständige Richterin Tanya Chutkan kann dem Antrag sofort nach.
Smiths Begründung („beispiellose Umstände”) hat einen simplen Hintergrund. Nach gängiger Praxis des Justizministerium wird gegen Präsidenten und auch solche, die es bald werden („president-elect”) nicht ermittelt und nicht prozessiert.
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Trump wird Verschwörung und Betrug vorgeworfen
Jack Smith spielt die Hauptrolle in dem Verfahren gegen Trump, das nach Intervention des Obersten Gerichts (Stichwort: Immunität vor Strafverfolgung) ohnehin zum Stillstand gekommen war.
Dabei wird Trump im Kontext der Wahl 2020 und des „Sturms aufs Kapitol” in Washington Verschwörung, Betrug und Behinderung eines offiziellen Verfahrens (die Zertifizierung des Wahlsieges von Joe Biden) vorgeworfen. Und eine illegale Druckkampagne auf Staatsbeamte zur Umkehrung der Wahlergebnisse.
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Trump hat sich in allen Anklagepunkten für unschuldig erklärt und die Biden-Regierung einer politischen Hexenjagd bezichtigt. Für den Fall seiner Wiederwahl hat Trump die sofortige Entlassung von Smith angekündigt. Der Sonder-Ermittler will die Dinge vorerst ruhen lassen. Ob er selbst zurücktritt, nachdem er voraussichtlich in Absprache mit dem Justizministerium einen Abschlussbericht vorlegen wird, ist offen.
Trump entkam Prozess wegen Dokumenten-Diebstahls
Bereits vor der Wahl war Trump einem anderen Verfahren schadlos entkommen. Dabei hatte Richterin Aileen Cannon in Florida einen geplanten Prozess wegen Dokumenten-Diebstahls platzen lassen.
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Trump hatte nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus im Januar 2021 geheime, teilweise die Nationale Sicherheit betreffende Unterlagen in seinem Florida-Anwesen Mar-a-Lago unsachgemäß gelagert und Bemühungen der Bundesbehörden sabotiert, die Dokumente zeitnah auszuhändigen. Es gab dazu eine spektakuläre FBI-Razzia in Mar-a-Lago. Er bestreitet bis heute jedes Fehlverhalten.
Richterin Cannon folgte der Argumentation von Trumps Anwälten, wonach bei der Ernennung von Sonder-Ermittler Smith Formfehler begangen worden seien. Dagegen wurde Widerspruch eingelegt.
Donald Trump könnte noch eine Überraschung blühen
Dennoch könnte Trump in wenigen Tagen eine Überraschung blühen. Am 26. November will Richter Juan Merchan gegen den der betrügerischen Aktenführung bei Schweigegeld-Zahlungen an den Erotikfilm-Star Stormy Daniels in 34 Anklagepunkten schuldig gesprochenen Trump in New York das Strafmaß verkünden.
Ob der Termin abgesagt oder verschoben wird, ist zurzeit unklar. Bliebe er bestehen, könnte Trump theoretisch zu bis zu vier Jahren Gefängnis verurteilt werden. Was Rechts-Experten bereits vor der Präsidentschaftswahl für „sehr unwahrscheinlich” hielten.
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Kommentatoren vom „Kansas City Star” forderten am Freitag, dass dem Gesetz genüge getan werden muss. Merchan müsse sein Urteil sprechen und vollstrecken. Eine vertretbare milde Strafe für Trump sei die Inhaftierung bis zur Amtseinführung, schreibt das Blatt. Und verlangt von Merchan so couragiert vorzugehen wie Trumps ehemaliger Vize-Präsident Mike Pence. Der hatte sich am 6. Januar 2021 trotz massiven Drucks von Trump geweigert, dem Wahlsieg von Joe Biden die nötige Bestätigung des Kongresses zu verweigern.