Washington. Die USA rechnen mit 10.000 nordkoreanischen Soldaten im Ukraine-Krieg. Sie deuten es als Signal der Schwäche von Kremlchef Wladimir Putin.

Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums beläuft sich die Zahl der nach Russland entsandten Soldaten aus Nordkorea auf 10.000. „Wir gehen davon aus, dass Nordkorea insgesamt etwa 10.000 Soldaten zur Ausbildung nach Ostrussland geschickt hat, die wahrscheinlich in den nächsten Wochen die russischen Streitkräfte in der Nähe der Ukraine verstärken werden“, sagte die stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh. Ein Teil dieser nordkoreanischen Soldaten sei bereits näher an die Ukraine herangerückt. Befürchtet werde ein Einsatz im russischen Grenzgebiet Kursk.

Sollten sie tatsächlich auf dem Schlachtfeld zum Einsatz kommen, bedeute dies eine weitere Eskalation des Kriegsgeschehens. Es zeige auch „die zunehmende Verzweiflung“ von Russlands Präsident Wladimir Putin auf, dessen Streitkräfte auf dem Schlachtfeld „außerordentliche Verluste“ erlitten hätten, sagte Singh.

Stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh
Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh: 10.000 Soldaten aus Nordkorea in Russland. © DPA Images | Andrew Harnik

Es sei „ein Hinweis darauf, dass Putin möglicherweise in größeren Schwierigkeiten steckt, als den Menschen bewusst ist“. Der Einsatz der Nordkoreaner im russischen Angriffskrieg hätte auch „schwerwiegende Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa und im indopazifischen Raum“, warnte Singh. 

Lesen Sie dazu: Von wegen Kanonenfutter? Das ist Kims brutale Spezialeinheit

Selenskyj warnt vor Eskalation

Nach russischen Angaben wurde die nordkoreanische Außenministerin Choe Son Hui erneut zu einem neuen Aufenthalt in Moskau erwartet. Sie war bereits im Januar zu einem dreitägigen Besuch in der russischen Hauptstadt gewesen. Putin selbst bestreitet die Anwesenheit nordkoreanischer Soldaten nicht und verweist darauf, dass auch die Ukraine auf Personal aus Nato-Staaten zurückgreife.

Lesen Sie auch: Kim Jong Un schickt Soldaten in die Ukraine – was er davon hat

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt seit Tagen vor einer weiteren Eskalation in dem Krieg, sollte Russland die Nordkoreaner im Kampf einsetzen. Die Ankunft der nordkoreanischen Soldaten war auch Thema bei seinem Auftritt in Island beim Treffen des Nordischen Rates, wo er vor den Regierungschefs von Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen und Island erneut mehr Militärhilfe und vor allem die Einladung zu einem Nato-Beitritt forderte.

Selenskyj: Druck auf Scholz zwecks Nato-Einladung

Man erwarte keinen Nato-Beitritt der Ukraine während des laufenden russischen Angriffskriegs, sehr aber wohl eine Einladung zur Mitgliedschaft als konkretes Zeichen, sagte Selenskyj in seiner Rede in Reykjavik. Er bat die Regierungschefs des Nordischen Rates, auch Druck auf Deutschland auszuüben. Er erwarte „eine politische Entscheidung, die geopolitische Klarheit für die Ukraine und ganz Europa bringen und uns in der Diplomatie mit Russland stärken würde“, sagte er. „Wenn die Ukraine eine Einladung in die Nato erhält, wird sie zu einem unüberwindbaren Schutzwall gegen Russlands imperiale Ambitionen.“ Sein Land verdiene eine ehrliche Antwort. „Bitte arbeiten Sie mit Partnern in ganz Europa - insbesondere in Berlin - zusammen, damit wir diese geopolitische Klarheit gemeinsam erreichen können.“

Selenskyj hatte in diesem Monat auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) und andere europäische Staats- und Regierungschefs getroffen, um für eine rasche Einladung in die Nato zu werben. Die Forderung ist Kernpunkt des von ihm so bezeichneten „Siegesplans“ im Kampf gegen den seit fast 1.000 Tagen andauernden russischen Angriffskrieg.

Präsident fordert Waffenkäufe und Investitionen

„Wir sehen, dass Putin seine Waffenproduktion hochfährt und Schurkenregime wie Pjöngjang ihn dabei unterstützen. Nächstes Jahr will Putin die gleiche Menge an Munition wie die EU produzieren. Wir müssen jetzt handeln, um das zu verhindern“, so Selenskyj. Deshalb dränge er darauf, die Investitionen in die Waffenproduktion zu erhöhen, besonders um Langstreckenwaffen und Drohnen herzustellen, „Schlüsselwerkzeuge zur Einschränkung der russischen Fähigkeiten“.

Er forderte die Mitglieder des Nordischen Rates auf, Artilleriegeschosse in Drittstaaten einzukaufen, um den ukrainischen Soldaten an der Front zu helfen. „Unser Team wird Sie mit allen notwendigen Informationen über die Länder versorgen, die diese Munition liefern können.“ Zugleich rief er die Staaten dazu auf, selbst ihre Verteidigungsindustrie weiterzuentwickeln. „Europa braucht industrielle Stärke und Unabhängigkeit von anderen Teilen der Welt“, unterstrich Selenskyj. (dpa/fmg)

Auch interessant: Ukraine-Krieg: Nun drängen auch die Südkoreaner an die Front