Seoul. Nordkoreanische Soldaten sollen offenbar für Russland gegen die Ukraine kämpfen. Was hat Kim Jong-un von diesem Deal mit Putin?
Männer mit ostasiatischen Zügen stehen in Tarnkleidung in Reihen, holen sich an Tischen Ausrüstung ab. Anderswo posieren sie auf einem kasernenartigen Gelände. Solche Bilder kommen derzeit von russischen Medien, aber auch von Social-Media-Accounts, die der ukrainischen Regierung nahestehen. Die Botschaft ist klar: Es bestehen praktisch keine Zweifel mehr daran, dass nordkoreanische Soldaten in Russland sind – um gegen die Ukraine zu kämpfen.
Putin und Kim Jong-un sind schon im Sommer zusammengerückt
Vergangene Woche kamen erstmals Anzeichen dafür auf. Erst sprachen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der südkoreanische Geheimdienst davon. Kurz darauf behaupteten auch die mit Südkorea verbündeten und mit Nordkorea verfeindeten USA, entsprechende Beweise zu haben. Die Nato hat dieses Szenario bereits als „neue Eskalation“ bezeichnet: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird auch mit nordkoreanischen Soldaten bestritten.
Im vergangenen Sommer haben Russland und Nordkorea ein Abkommen abgeschlossen, in dem sich beide Staaten militärische Hilfe zusichern, wenn einer von ihnen angegriffen wird. Zwar ist es im Februar 2022 Russland gewesen, das die Ukraine angegriffen hat. Doch seit die Ukraine im August begann, eine Offensive auf russischem Boden zu starten, kann auch dies als Angriff interpretiert werden. Jedenfalls von Russland und Nordkorea.
Warum Kim und Putin voneinander profitieren
Die Annäherung zwischen Moskau und Pjöngjang hilft beiden Staaten. Während Nordkorea wegen seines Raketenprogramms und schwerer Menschenrechtsverletzungen schon lange mit UN-Sanktionen belegt ist, wurden nach dem neuerlichen Angriff auf die Ukraine auch gegen Russland harte Sanktionen verhängt. So haben die Regierungschefs dieser zwei Länder zusammengefunden. Als Allianz gegen den Westen.
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Nordkorea profitiert nun unter anderem in Form von Know-how für Satellitenprogramme. Russland erhält Munition, die es für den Krieg in der Ukraine benötigt. Und offenbar auch Soldaten – wenngleich Nordkorea dies bisher dementiert hat. Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Frage, ob nordkoreanische Soldaten nun für Russland kämpfen, dagegen als „unsere Sache“ bezeichnet.
Ukraine-Krieg: Wo werden die Nordkoreaner eingesetzt?
Nun gibt es erste Hinweise auf das Einsatzgebiet der Nordkoreaner. Die japanische Nachrichtenagentur Kyodo berichtet unter Berufung auf eine Quelle aus dem ukrainischen Militär, dass von 12.000 Soldaten, die zunächst von Nordkorea nach Russland entsendet werden sollen, die ersten 2000 bereits auf dem Weg in die Region Kursk sind.
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Dort sollen nun rund zehn Offiziere vor Ort sein, um eine Basis zu sichern, damit in Kürze nordkoreanische Soldaten empfangen werden können. Es würden Kommunikationsnetzwerke installiert und die Sicherheit der Lage eruiert. Das ukrainische Militär habe diese Information durch Satellitenbilder, abgefangene Kommunikation und geheime Nachrichten aus dem russischen Militär.
Südkoreas Verteidigungsminister: Nordkoreanische Soldaten sind Kanonenfutter
Vor dem Hintergrund solcher Informationen hat Kim Yong-hyun, der Verteidigungsminister Südkoreas, die nordkoreanischen Soldaten am Donnerstag als „Kanonenfutter“ bezeichnet. Denn die Region Kursk ist es, wo das ukrainische Militär im August eine Offensive gestartet hat. Wohl kaum ein russischer Soldat würde sich gern dorthin versetzen lassen.
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Südkoreas Verteidigungsminister führte aus: „Nordkorea tarnt sich mit einer russischen Uniform und handelt unter russischem Militärkommando ohne jegliche operative Autorität.“ Kim Yong-hyun erwartet, dass weitere Soldaten folgen werden. Allerdings ist laut John Kirby, Sprecher der US-Regierung für Sicherheitsthemen, unklar, wofür genau die Soldaten trainiert würden. Sie könnten also auch für Bauarbeiten oder logistische Unterstützung geschickt werden.
Nordkorea will sich von China emanzipieren
Nordkoreas Diktator Kim Jong-un würde die Soldaten auch deshalb entsenden, weil er so die wirtschaftliche Abhängigkeit von China – dem bisher mit großem Abstand wichtigsten Handelspartner – ausgleichen könne, erklärt Vladimir Tikhonov, Professor für Koreastudien an der Universität Oslo und Experte für Nordkorea. Tikhonov ergänzt: „Die harte Währung, die Russland zahlt, wird Kim dazu nutzen wollen, um sein konventionelles Militär zu modernisieren und seine Schwerpunktprojekte wie Raketen und Atomwaffen zu verdoppeln.“ In Russland könnten nordkoreanische Truppen zudem Erfahrungen sammeln mit dem kriegerischen Einsatz von Drohnen. Aber: „Selbst 15.000 Nordkoreaner würden die jetzige Lage im Krieg nicht ändern. Dafür müssten es Hunderttausende ausländische Soldaten sein.“
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Kim Jong-un hat wiederum schon angedeutet, dass mehr Menschen bereit seien. Die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA berichtete Mitte Oktober, dass sich 1,4 Millionen junge Menschen für den Militärdienst gemeldet hätten. Allerdings für den Fall, dass zwischen Nordkorea und Südkorea wieder Kampfhandlungen ausbrächen.
Ukraine: Greift nun auch Südkorea stärker ein?
Der seit Jahrzehnten schwelende Koreakonflikt wird nun zusehends auch in Osteuropa ausgetragen. Südkorea hat bisher nur humanitäre Hilfe Richtung Kiew geschickt. Die Zurückhaltung rührt auch daher, dass Russland gegenüber Südkorea gedroht hat, Nordkorea stärker zu unterstützen, falls Südkorea die Ukraine mit Waffen beliefere.
Wenn nun aber nordkoreanische Soldaten auf der Seite Russlands eingesetzt werden, sieht sich Südkorea in seiner Zurückhaltung herausgefordert. Präsident Yoon Suk-yeol hat erklärt, er erwäge auch die Lieferung von Waffen an die Ukraine. Südkorea gehört zu den neun größten Waffenexporteuren der Welt, Tendenz steigend.
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