Washington. Mit Spannung wurde die Rede von Joe Biden beim Jubiläum der Nato erwartet. Der US-Präsident zeigte sich leidenschaftlich und gab ein Versprechen.
Als am 4. April 1949 die Vertreter aus zwölf Ländern des Westens im Andrew W. Mellon Auditorium an der Constitution Avenue in Washington den Nordatlantik-Vertrag unterzeichneten, hatten sie eine Zeitperspektive von nicht mehr als einem Jahrzehnt vor Augen.
Harry Truman, der damalige amerikanische Präsident, hatte nicht die Absicht, mit der Nato auf Ewigkeit die Sicherheit Westeuropas zu garantieren. Die Alliierten sollten stattdessen wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges so schnell wie möglich selbst ihre Verteidigung organisieren.
Damals hätte niemand vorausgesagt, dass im Sommer 2024 im gleichen historischen Saal am Dienstagabend die Staats- und Regierungschefs von mittlerweile 32 Nato-Mitgliedsländern den Festakt zum 75-jährigen Bestehen der weltweit größten Militär-Allianz feiern würden.
Rede von Joe Biden mit Spannung und Sorge zugleich erwartet
Joe Biden, Präsident der USA und Gastgeber der Veranstaltung, die bei Außentemperaturen von fast 40 Grad stattfand, war bei der Geburtsstunde der Nato sechs Jahre alt.
In seiner nach den jüngsten Turbulenzen um frappierende Alterserscheinungen mit Spannung und Sorge zugleich erwarteten Festrede erinnerte der 81-Jährige leidenschaftlich und mit durchweg fester Stimme an die Anfänge mit Belgien, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Island, den Niederlanden, Italien, Dänemark, Norwegen, Portugal, Kanada und Amerika. Ohne dabei zu erwähnen, wie Lord Hastings Ismay, der erste Generalsekretär, seinerzeit den Kern des Bündnisses charakterisierte: „Die Amerikaner in Westeuropa, die Russen außen vor und die Deutschen unter Kontrolle zu halten.”
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Nach einem kurzen Film über die historischen Meilensteine der Nato (Titel: „Unsere Zukunft verteidigen”), zu dem der preisgekrönte Hollywood-Komponist Hans Zimmer den vom Kammer-Orchester der US-Marine aufgeführten Soundtrack beisteuerte, kam der im Herbst nach zehn Jahren Dienst ausscheidende Generalsekretär Jens Stoltenberg schnell zur Sache.
Biden: „Die Ukraine kann und wird Putin stoppen”
Er betonte, dass jede Unterstützung der Nato „Kosten und Risiken” mit sich bringe. Die derzeit „größten Kosten und Risiken” entstünden, wenn Russland in der Ukraine gewinnen würde, sagte der Skandinavier. „Das darf nicht passieren.” Weil es auch andere autoritäre Regime wie Nord-Korea oder China ermutigen würde. Unter dem vehementen Beifall der geladenen Gäste in dem imposant ausgeleuchteten Saal sagte Stoltenberg: „Die Zeit für die Freiheit aufzustehen, ist heute. Der Platz ist die Ukraine.”
Dann schlug die Stunde Bidens, der von der ersten Minute an unter Dauerbeoachtung stand. Mit Hilfe des Teleprompters lieferte der älteste Präsident in der Geschichte der USA ohne Patzer oder Konfusion eine kurze, aber kämpferische Rede ab, die ihm nach den Diskussionen um die mentale und körperliche Gebrechlichkeit des Demokraten in den vergangenen Tage nicht jeder zugetraut hatte. „Biden war die ganze Zeit über voll auf der Höhe”, sagte kurz darauf ein EU-Diplomat, der im Saal war.
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Nach dem pflichtschuldigen Rückblick in die Historie verweilte der 81-Jährige ausführlich beim Dauer-Konflikt der Stunde, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. „Putin will nichts weniger als die totale Unterwerfung der Ukraine und das Land von der Landkarte tilgen”, sagte Biden mit erhobenem Zeigefinger. Um dann nachzulegen, dass Kiew mit Hilfe einer „globalen Koalition” obsiegen werde: „Die Ukraine kann und wird Putin stoppen”, sagte Biden wörtlich und bekam dafür anhaltenden Applaus.
Fünf Luftabwehrsysteme für Ukraine
Als Zeichen der Ermutigung kündigte der Präsident im Beisein des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an, dass die USA, Deutschland, Niederlage und Italien Kiew demnächst fünf Luftabwehrsysteme, darunter auch „Patriots”, zur Verfügung stellen werden. Bidens souveräner Auftritt brachte ihm sogar Lob vom politischen Gegner ein. Der frühere republikanische Kongress-Abgeordnete David Jolly sagte: „Das genau ist Joe Bidens stärkste Seite. Und er hat sie vor den Augen der Welt gezeigt.”
Zum Ende der musikalischen von Sängerinnen und Sängern der US-Streitkräfte hochwertig flankierten Veranstaltung nahm Biden Gelegenheit, um sich bei Jens Stoltenberg mit der höchsten zivilen Auszeichnung der USA, der „presidential medal of freedom” zu bedanken. Als er dem höher gewachsenen Norweger behutsam das blaue Band anlegte, hielten im Publikum manche kurz den Atem an. „Jetzt bitte keine Panne”, sagte später eine Teilnehmerin. Joe Biden erledigte die kurze Nestelei ohne jedes Zittern mit Bravour.
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