Hamburg. Der Kinder- und Jugendnotdienst ist in Hamburg so überlastet, dass er kaum noch arbeiten kann. Bürgerschaft diskutiert neues Konzept.
Seit mittlerweile 40 Jahren gibt es den Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) in Hamburg. In den Einrichtungen des KJND an der Feuerbergstraße werden Kinder und Jugendliche in Notfällen vorübergehend aufgenommen, die zum Beispiel aufgrund von persönlichen Problemen, Überforderung der Eltern, Kriminalität oder Misshandlungen nicht in ihren Familien bleiben können.
Mittlerweile aber ist der KJND auch durch die Aufnahme vieler minderjähriger Flüchtlinge so belastet, dass die Linke vor einem „Kollaps“ warnt und Experten eine Neustrukturierung des Dienstes fordern. Darüber diskutiert am Mittwoch auch die Bürgerschaft – auf Antrag der Linksfraktion.
Kinder Hamburg: Schutzeinrichtung gilt mittlerweile als „problematischer Ort“
Zuletzt waren die Einrichtungen des KJND so überlaufen, dass auch eine Turn- und Mehrzweckhalle zur Unterbringung genutzt werden musste. Mittlerweile sind laut Linksfraktion statt der vorgesehenen 100 Kinder und Jugendlichen beim KJND 155 Jungen und Mädchen untergebracht.
Dass die Großeinrichtung mittlerweile nicht mehr im Sinne des Kindeswohls arbeiten könne, habe bereits das zweijährige Forschungsprojekt „Qualitätsdialoge – Jugendamt in Bewegung“ gezeigt, so die Linke.
In dem Bericht heiße es, der KJND sei „als problematischer Ort bekannt“, der Aufenthalt im KJND könne „offenbar institutionelle Verläufe des Erleidens beschleunigen“. Mithin: Die Experten fürchten, dass es Kindern und Jugendlichen, die in den KJND kommen, dadurch eher schlechter als besser gehen könnte.
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Die Beteiligten hätten dafür plädiert, „den KJND in seiner jetzigen Form zu schließen oder jedenfalls ganz neu zu konzipieren“, so die Linke. Passiert sei allerdings nichts, im Gegenteil: Die Wohncontainer auf dem Außengelände sollten nun sogar langfristig bleiben.
Jugendliche Hamburg: Linke fordert neues Konzept für den Notdienst
„Seit zwei Jahren erfragen wir kontinuierlich die Lage und zeigen auf, dass der KJND trotz aller Bemühungen der Behörde und engagierter Fachkräfte vor Ort weit davon entfernt ist, ein sicherer Ort für schutzbedürftige Kinder und Jugendliche zu sein“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus.
„Der KJND muss dringend neu konzeptioniert und dezentralisiert werden, er muss auch sozialräumlich verankert werden – und zwar in Zusammenarbeit mit den Fachkräften, Expertinnen und Betroffenen selbst.“ Hamburg müsse den Kindern und Jugendlichen besser helfen, so die Linke.
Zudem fordere die Linke, „das System der Erstaufnahme und der anschließenden Erstversorgung dahingehend zu prüfen, dass vermehrt freie Träger Aufgaben der Erstversorgung übernehmen“. Damit könne der öffentliche Träger „Landesbetrieb Erziehung und Beratung sich noch mehr auf die vorläufige Inobhutnahme unbegleitet hierher geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Erstaufnahmen konzentrieren“.
Kinder Hamburg: Bürgerschaft debattiert neues Konzept für den KJND
In ihrem Bürgerschaftsantrag plädiert die Linksfraktion entsprechend dafür, „das System der Krisenintervention und Notunterbringung im KJND grundlegend zu überprüfen“. Dabei solle der KJND nicht mehr an einem Ort gebündelt arbeiten, sondern dezentralisiert werden. Das Thema wird am Mittwoch voraussichtlich am späteren Nachmittag in der Bürgerschaft debattiert.