Hamburg. Im Januar steigt die Steuer – das treibt die ohnehin hohen Preise. Dehoga warnt vor Pleiten. Nun kommt eine Initiative aus dem Rathaus.
Die Corona-Pandemie hat viele Restaurants auch in Hamburg an den Rand der Pleite gebracht – und manche darüber hinaus. Um die Branche zu unterstützen, hatte der Bund die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie Mitte 2020 von 19 auf sieben Prozent gesenkt, allerdings nur befristet. Zum kommenden Jahreswechsel läuft diese Regelung aus. Eine erneute Verlängerung haben SPD, Grüne und FDP im Bundestag kürzlich abgelehnt.
Die Folge: Die Mehrwertsteuer springt im Januar wieder auf 19 Prozent – für manche Gastronomen offenbar eine Katastrophe. „Wenn die Mehrwertsteuer wieder angehoben wird, werden viele kleine und mittelständische Gastronomiebetriebe unter der Last zusammenbrechen. Sie können das nicht mehr tragen und würden aufgeben müssen“, prophezeit Jens Stacklies, Hamburger Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga.
Restaurants Hamburg: „Fast alle werden ihre Preise erhöhen müssen“
„Die Umsätze sind jetzt bei etwa 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus und das bei deutlich gestiegenem Aufwand für Waren, Energie und Personal. Die Inflation wirkt sich auf viele unserer Tätigkeitsbereiche aus und belastet uns enorm. Viele müssen jetzt beginnen, die Überbrückungskredite zurückzuzahlen und sind weiterhin dabei, die entstandenen Verluste auszugleichen.“
Auch Stephan von Bülow, Vorsitzender der Geschäftsführung der Block Gruppe, fordert eine „dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent“. Der Ukraine-Krieg habe die Lieferketten nachhaltig gestört und zu „enormen Kostensteigerungen für Agrarprodukte, Energie- und Logistikkosten geführt“, sagte von Bülow dem Abendblatt. „Gleichzeitig hemmt die Inflation seit letztem Jahr die Gästenachfrage. Bei der Erhöhung des Mindestlohns wurden die langfristigen Folgen vollkommen außer Acht gelassen und treiben gemeinsam mit dem Fachkräftemangel die Personalkosten in die Höhe.“
Und Christian Butzke von der „Veddeler Fischgaststätte“ warnt: „Wenn die Mehrwertsteuer wieder erhöht wird, werden wir die erschwinglichen Preise für unseren Backfisch nicht mehr bieten können – auch weil wir sie trotz aller Probleme und gestiegener Energiekosten zuletzt noch mit Mühe stabil halten konnten. Fast alle Restaurants werden ihre Preise erhöhen müssen, wenn die Bundesregierung ihre Pläne wirklich umsetzt. Dadurch wird ein Restaurantbesuch für viele Menschen nicht mehr bezahlbar sein.“
Gastronomie: In fast allen EU-Staaten gibt es ermäßigte Steuersätze
Nun aber scheint vorsichtig Bewegung in die Sache zu kommen. Mittlerweile macht sich jedenfalls die CDU für eine Entfristung der Steuersenkung stark – zuletzt im Bundestag und jetzt auch in Hamburg mit einem Bürgerschaftsantrag. „Es ist skandalös, dass die Ampel-Bundesregierung die Steuer in der Gastronomie gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten wieder anheben will“, sagt CDU-Fraktionschef Dennis Thering. „Dabei hat sich die Situation in der Gastronomie bis heute nicht wieder normalisiert.“
Die CDU weist zudem darauf hin, dass 23 der 27 EU-Mitgliedstaaten ihrer Gastronomie einen ermäßigten Steuersatz gewährten – und eine Wiederanhebung der Mehrwertsteuer in Deutschland so zu einem Wettbewerbsnachteil führen würde. Dasselbe gelte auch für den Wettbewerb mit den Lieferdiensten, die auch weiterhin mit sieben Prozent besteuert werden. In dem Hamburger Bürgerschaftsantrag fordert die CDU-Fraktion den Senat auf, sich per Bundesratsinitiative für eine Beibehaltung der bisherigen Steuerregelung einzusetzen. Am 30. August wird der Antrag in der Bürgerschaft debattiert.
FDP ohne klaren Kurs: Im Bund für die Steuererhöhung, in Hamburg dagegen
Unterstützung bekommt die CDU in Hamburg von der FDP – deren Vertreter die Entfristung im Bundestag noch abgelehnt hatten. „Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie wäre zum jetzigen Zeitpunkt völlig falsch“, sagt der Hamburger FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Sami Musa. Gerade aus kleinen Betrieben höre er, „dass sie eine Zusatzbelastung durch eine Steuererhöhung zum Schließen zwingen würde“, so Musa.
SPD und Grüne dagegen sprechen sich in Hamburg dafür aus, die Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel wieder anzuheben – anders als etwa die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern, die kürzlich für eine Verlängerung der Regelung plädierte. „Die temporäre Senkung war eine wichtige Entlastungsmaßnahme im Rahmen der Corona-Pandemie“, sagt Hamburgs SPD-Haushaltspolitiker Milan Pein. „Mit Auslaufen dieser bundesgesetzlichen Regelung kehren wir wieder zum Normalzustand zurück. Haushaltspolitisch sehen wir keine Möglichkeit, diese Senkung auch über das Ende der pandemiebedingten Mehrbelastung zu verlängern.“
Grüne zu Gastronomie Hamburg: „Die Stimmung ist gut“
Etwas vorsichtiger äußert sich Grünen-Wirtschaftspolitikerin Miriam Putz. „Der Bund wird eine finale Entscheidung vermutlich nach Abschluss der Haushaltsverhandlungen im November treffen“, so Putz. „Derzeit ist eine Fortsetzung dieser Entlastungsmaßnahme in den Plänen des Finanzministers jedoch nicht vorgesehen.“
Die befristete Steuerreduzierung habe „als Krisenhilfe gut funktioniert“, so Putz. „Da wir die Stimmung in der Gastronomie und das Konsumniveau derzeit als gut wahrnehmen, sollten viel eher politische Unterstützungsleistungen für Menschen mit geringem Einkommen priorisiert werden.“