Hamburg. Kosten für die U 5 explodieren. Ist die Stadtbahn doch die bessere Alternative? Hochbahn legt überraschende Zahlen vor.
- Die Kosten für die neue U-Bahnlinie U5 sind nach Beginn der Bauarbeiten um 60 Prozent gestiegen
- Rufe, aus dem Projekt eine Straßenbahn zu machen, werden immer lauter
- Doch ein Ausbau zur Stadtbahn würde ganz andere Probleme mit sich bringen
Das muss man erst einmal schaffen: Nur gut sechs Monate nach dem Baubeginn der U 5 sind die Kosten bereits um mehr als 60 Prozent gestiegen. Allein das nicht einmal sechs Kilometer lange erste Teilstück zwischen Bramfeld und City Nord kostet nun rund 2,9 Milliarden statt der bisher kalkulierten 1,8 Milliarden Euro. Angesichts dieser Kostenexplosion sind die Rufe nach dem Bau einer Straßenbahn bzw. Stadtbahn wieder lauter geworden. Diese sei günstiger als eine U-Bahn, schneller fertig, klimafreundlicher im Bau und nutzerfreundlicher, heißt es von den Befürwortern. Nun hat sich die Hamburger Hochbahn zu dem Vorschlag geäußert, statt einer neuen U-Bahn eine Stadtbahn zu bauen – und dem Abendblatt exklusiv eigene Berechnungen dazu vorgelegt.
Zunächst muss dabei geklärt werden, auf welchen Strecken in Hamburg der größte Bedarf nach einer Erweiterung des HVV-Angebots besteht. Nach Darstellung der Hochbahn sind dies definitiv die Strecken in Richtung Innenstadt, also die der Metrobuslinien 4 und 5 im Westen und die Linien 6 und 17 östlich der Alster. Genau hier soll die U 5 fahren. Die Strecke der aktuellen Metrobuslinie 5 gehört laut Hochbahn mit derzeit rund 60.000 Nutzern täglich zu den meistfrequentierten Busstrecken Deutschlands.
HVV: Warum eine 75 Meter lange Stadtbahn hier nicht fahren kann
Würde auf dieser Strecke eine Bahn fahren, dann würde die Fahrgastzahl zwischen der Innenstadt und der Universität auf 93.000 Menschen pro Tag steigen, prognostiziert Roluf Hinrichsen, der Projektleiter Verkehrsplanung U 5 bei der Hochbahn. Dabei legt der Hochbahn-Planer den sogenannten Schienenbonus zugrunde, der sowohl für Stadtbahn, aber noch stärker für eine neue U-Bahn gelten würde. Denn die Menschen bevorzugen laut Hochbahn Schienensysteme, weil sie gegenüber Bussen, die oft in Staus stehen, deutlich schneller, komfortabler und zuverlässiger seien. Zudem erwartet die Hochbahn deutlich mehr Fahrgäste durch eine wachsende Universität, den Ausbau des UKE und die neue Beiersdorf-Firmenzentrale.
„Wir haben hier die beiden Systeme Stadtbahn und U-Bahn verglichen und das Ergebnis ist eindeutig“, so Hinrichsen. „Eine Stadtbahn würde definitiv nicht ausreichen, um die Nachfrage zu bewältigen.“ Nach den Hochbahn-Berechnungen könnte eine 50 Meter lange Stadtbahn im engstmöglichen 2,5-Minuten-Takt pro Stunde bis zu 8000 Menschen befördern. In der Planung setzt man normalerweise nur 65 Prozent dieser Maximalkapazitäten an, weil die Züge in der Realität fast nie voll sind, da ein Zubringer zu spät kommt, Kinderwagen, Rollstühle oder Fahrräder an Bord sind etc. Damit böte die Stadtbahn eine Beförderungskapazität von 5200 Fahrgästen pro Stunde.
Straßenbahn: Kapazität reicht auf den meistfrequentierten Strecken nicht aus
Das entspreche annähernd dem Wert, der für die Hauptverkehrszeit von der Hochbahn errechnet wurde. Hinrichsen: „Die Stadtbahn wäre schon bei der Einweihung voll.“ Eine noch längere Stadtbahn mit z. B. 75 Meter Länge sei im eng bebauten Hamburg nicht möglich, da bisweilen zwei Bahnen hintereinander halten müssten – und 150 Meter lange Haltestellen auch aufgrund der vielen Kreuzungen nicht realistisch seien.
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Zum Vergleich: Eine 120 Meter lange U-Bahn kann rein rechnerisch laut Hochbahn pro Stunde 9600 Menschen im 5-Minuten-Takt befördern – also mehr als dreimal so viele wie eine 36-Meter-Stadtbahn und mehr als zweieinhalbmal so viele wie eine 50-Meter-Stadtbahn.
Hochbahn hält Stadtbahn für sinnvoll – aber nicht auf U-5-Strecken
Auch hier zeigt sich laut Hinrichsen: „Für die Herausforderungen auf der Strecke, die die U 5 bedienen wird, stellt die Stadtbahn keine Lösung dar. Hier ist die U 5 das sinnvolle System.“ Bei der Planung dürfe man nicht von Streckenabschnitten weiter außerhalb der Innenstadt ausgehen, auf denen Bahnen meist leerer seien. Man müsse vielmehr gewährleisten, dass das Verkehrssystem auch an den Flaschenhälsen, also den meistfrequentierten Streckenabschnitten, noch ausreiche, um alle Menschen zu transportieren.
Dabei wehrt sich der Hochbahn-Planer aber zugleich gegen einen „Dualismus U-Bahn gegen Stadtbahn“, wie er sagt. Beide Systeme hätten ihre Berechtigung, eine Stadtbahn komme auch in Hamburg in der Zukunft durchaus für bestimmte Strecken infrage, so Hinrichsen. „Aber auf den in Hamburg am stärksten nachgefragten Strecken in Richtung Innenstadt reicht eine Stadtbahn einfach nicht aus.“