Hamburg. Welche Aktionen sind unter Pandemie-Bedingungen möglich? Oder setzt der politische Nachwuchs auf reine Online-Kampagnen? Alle Infos.

Sie sind jung, motiviert und kämpfen für eine bessere Zukunft. Ihre Rufe nach Gerechtigkeit ertönen in diesem Sommer lauter als in den Sommern zuvor. Aus einem einfachen Grund: Die Jugendorganisationen von SPD, Grünen, CDU, Linken, FDP und AfD haben den Bundeswahlkampf eingeläutet, wollen Erstwählerinnen und -wähler von sich überzeugen.

Vor den bisherigen Wahlen zog der politische Nachwuchs von Tür zu Tür, setzte auf Infotische und Kundgebungen. Doch wie funktioniert der Wahlkampf unter Pandemie-Bedingungen? Was planen Jusos, Grüne Jugend, Junge Union, Linksjugend [‘solid], Junge Liberale und die Junge Alternative für Deutschland in diesem Jahr? Das Abendblatt hat mit den Hamburger Landesverbänden gesprochen. Alle planen Online-Kampagnen in den sozialen Medien. Doch auch Präsenzveranstaltungen sollen im zweiten Pandemiesommer stattfinden.

Die Grüne Jugend plant mehr als 105 Aktionen

„Wir starten in unseren Wahlkampfsommer“, verkündete die Grüne Jugend bereits Anfang Juli in einem Post auf Instagram. Gemeinsam mit dem Bundesverband startete der Landesverband eine Plakataktion an Litfaßsäulen. Richtig los ging es aber erst am vergangenen Sonnabend mit einer Auftaktveranstaltung im Kulturschloss Wandsbek. Die Bundestagskandidatin der Grünen Jugend Emilia „Milla“ Fester stellte ihre politische Agenda vor. Sie hatte sich zuvor den dritten Platz auf der Landesliste der Grünen gesichert.

„Wir machen Wahlkampf, weil wir wollen, dass die Leute politisch aktiv sind. Uns geht es darum, dass die Jugend sich die Zukunft zurückholen soll. Mach dich laut! Kämpf für eine andere Welt! Dazu fordern wir auf. Wir wollen Generationengerechtigkeit“, sagt die 23 Jahre alte Politikerin dem Abendblatt. Die Grüne Jugend lädt zu zwei weiteren Großveranstaltungen ein: Am 2. September findet ein „Klimaslam mit Cocktailabend“ statt. Zuletzt veranstalten Fester und Co. zum Pubquiz am 23. September, drei Tage vor der Wahl. Mehr als 100 zusätzliche Aktionen sind geplant, darunter eine Sendung von 70.000 Postkarten und 20.000 Karten mit einem Foto der Spitzenkandidatin – als Appell an die „älteren Generationen“.

Jusos und Junge Liberale: Kein Pandemietreiber

Lasse Niesen ist Landesgeschäftsführer der Jusos Hamburg und organisiert den Bundestagswahlkampf mit.
Lasse Niesen ist Landesgeschäftsführer der Jusos Hamburg und organisiert den Bundestagswahlkampf mit. © Unbekannt | Jusos Hamburg

So viele Events plant keine andere politische Jugendorganisation in Hamburg. Die Jusos und die Jungen Liberalen treten nach eigenen Angaben bewusst einen Schritt zurück, um kein Pandemie-Treiber zu werden. „Durch Corona ist kein Wahlkampf mit einer klassischen Auftaktveranstaltung möglich“, sagt der Landesgeschäftsführer der Jusos Lasse Nielsen. Dennoch habe sich der 26-Jährige bereits mit seinen jungen Parteigenossen digital zusammengeschaltet und den Wahlkampf eingeläutet.

Die Jusos möchten nur in den „heißen Phasen“ zum Start der Briefwahl und in den beiden Wochen unmittelbar vor der Wahl auf die Straßen ziehen. Sie planen Spaziergänge durch das Universitätsviertel sowie Besuche in Wohnheimen von Auszubildenden und Studierenden – „immer unter Vorbehalt der aktuellen Corona-Zahlen.“ Sollte die Inzidenz es zulassen, möchte Nielsen ein „Speakers’ Corner“ auf offener Straße organisieren, um mit den Passanten ins Gespräch zu kommen.

Veranstaltungen in Präsenz „ein No-Go“

Ähnlich halten es die Jungen Liberalen. „Sollten Präsenzveranstaltungen stattfinden, dann spontan und mit Testpflicht“, sagt der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen Hamburg Carl Cevin-Key Coste. Aber: Sobald die Corona-Inzidenz die 35-iger Schwelle übersteige, seien Veranstaltungen in Präsenz „ein No-Go“. Bleibt diese Marke unterschritten, möchte der 24 Jahre alte Politiker mit den anderen Landesverbänden in Norddeutschland Aktionen planen.

Carl Coste ist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Hamburg und setzt auf einen digitalen Wahlkampf vor der Bundestagswahl.
Carl Coste ist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Hamburg und setzt auf einen digitalen Wahlkampf vor der Bundestagswahl. © Public Address | Mirko Hannemann

Junge Union und Junge Alternative mit Türwerbung

Auch bei der Junge Union und der Jungen Alternative für Deutschland steht die Planung des Wahlkampfs noch am Anfang. Beide planen Von-Tür-zu-Tür-Touren. Die Termine stehen noch aus.

Sarah Bieniussa ist Landesgeschäftsführerin der Jungen Union Hamburg. Vor den Wahlen möchte der Landesverband an sechs Tagen von Tür zu Tür ziehen.
Sarah Bieniussa ist Landesgeschäftsführerin der Jungen Union Hamburg. Vor den Wahlen möchte der Landesverband an sechs Tagen von Tür zu Tür ziehen. © Unbekannt | Sarah Bieniussa

„Wir gehen auf die Straße, um mit den Menschen über ihre ganz persönlichen Anliegen zu sprechen. Denn wir sind eine Kümmererpartei“, sagt Sarah Bieniussa für die Junge Union. Die 23-Jährige plant als Landesgeschäftsführerin den Wahlkampf mit. Sie geht davon aus, dass dieser erst kommende Woche startet. Am Sonnabend, den 7. August, findet der Auftakt statt. An diesem Tag trifft sich die Junge Union zur Landesdelegiertenversammlung im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Dort würden weitere Schritte besprochen.

Junge Alternative für Deutschland plant Flyeraktionen

Der Landesvorsitzende der Jungen Alternative für Deutschland Tomasz Froelich setzt im Wahlkampf unter anderem auf Fyleraktionen.
Der Landesvorsitzende der Jungen Alternative für Deutschland Tomasz Froelich setzt im Wahlkampf unter anderem auf Fyleraktionen. © Unbekannt | Tomasz Froelich / Junge Alternative für Deutschland

Die Junge Alternative für Deutschland plant neben den Stadtteiltouren eine Flyeraktionen. „Wir orientieren uns dabei vorrangig an den Veranstaltungsplänen der Partei“, sagt der Landesvorsitzende Tomasz Froelich. Der 32-Jährige engagiert sich auch als stellvertretender Bundesvorsitzender der Jugendorganisation und Pressesprecher der AfD-Delegation im EU-Parlament.

Vom Programm der „klassischen bürgerlichen Parteien“ grenzt sich eine Jugendorganisation ab: Die Linksjugend [‘solid] will andere Wege beschreiten.

Linksjugend sammelt verstärkt Unterschriften

„Es ist der beste Wahlkampf, wenn wir Unterschriften für die Volksinitiative gegen Rüstungsexporte sammeln, uns an Kundgebungen gegen Ausgangssperren beteiligen oder auf antifaschistische oder klimagerechte Demos gehen“, sagt die 21 Jahre alte Dilan Sezer vom Landessprecher*innenrat. Allerdings soll es zusätzlich Infotische und Gesprächsrunden im Vorfeld der Wahl geben.

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Ob die politischen Jugendorganisationen ihre Wahlkampfpläne wirklich umsetzen können? Wird das Pubquiz der Grünen Jugend drei Tage vor der Wahl stattfinden? Was wird aus dem „Speakers’ Corner“ der Jusos? Den spontanen Aktionen der Jungen Liberalen? All das hängt von der steigenden Corona-Inzidenz und den daran geknüpften Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ab.