Hamburg. Ties Rabe sieht Lockdown und Distanzunterricht weiterhin äußerst kritisch. Ablauf der Abiturprüfungen noch nicht geklärt.
Trotz aller Bemühungen um digitalen Ersatz für den Präsenzunterricht wird nach Einschätzung von Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) das Lernen im Corona-Lockdown nicht die übliche Qualität haben. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass dieses System von den Schulen und den Lehrern sehr, sehr viel verlangt“, sagte Rabe.
Er fügte hinzu: „Das gilt insbesondere, wenn man wirklich den Anspruch hätte, dass zu Hause eins zu eins Unterricht wie in der Schule stattfinden sollte und zugleich ein großer Teil der Schüler in der Schule betreut wird. Beides gleichzeitig passt kaum zusammen.“ Man müsse allen Beteiligten reinen Wein einschenken: „Die Schülerinnen und Schüler bekommen in diesem Fall Aufgaben, ob zu Hause oder in der Schule, und die Lehrkräfte helfen bei der Bewältigung dieser Aufgaben.“ Ein Chemieunterricht mit Experimenten sei zum Beispiel kaum möglich.
Schulsenator betont: "Wir schicken kein Kind weg"
Seit kurz vor Weihnachten hat Hamburg die Präsenzpflicht an den Schulen aufgehoben. Nach Möglichkeit sollen die Kinder und Jugendlichen zu Hause digital unterrichtet werden. Sie können bei Bedarf aber auch weiter in die Schule kommen. „Wir schicken kein Kind weg“, betonte Rabe. Die Entscheidung der Eltern werde akzeptiert. „Wir akzeptieren das deshalb, weil wir sicher sind, dass die allermeisten Eltern sehr umsichtig mit der Corona-Krise umgehen und sich bemühen, die Kinder zu Hause zu lassen.“
Quer durch alle Schulformen kämen zurzeit rund zehn Prozent der Schüler zum Präsenzunterricht. An den Grundschulen liege der Anteil bei 20 Prozent. Wenn eine Schule mit den Anmeldungen zum Präsenzunterricht überfordert sei, versuche die Behörde, im Gespräch mit der Schulleitung eine Lösung zu finden.
Hamburgs Schulen bekommen jetzt erst flächendeckend WLAN
Der digitale Unterricht stößt noch an technische Grenzen. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass der städtische Dienstleister Dataport alle Schulen mit flächendeckendem WLAN ausstattet“, sagte Rabe. Zugleich solle die Übertragungsstärke verbessert werden. Wenn die Schulen die aktuellen Bandbreiten optimal nutzten, könne etwa die Hälfte der rund 180.000 Schüler an staatlichen allgemeinbildenden Schulen parallel digital arbeiten.
Rabe hofft auf ein schnelles Ende des Lockdowns für die Schulen, den er sehr kritisch sieht. „Das ist eine große Belastung. Es werden tiefe Spuren hinterlassen bei den Kindern und Jugendlichen, nicht nur im Bereich der kognitiven Bildung, sondern auch im Bereich der sozialen Bildung, auch der Persönlichkeitsentwicklung“, erklärte der Senator.
Ablauf der Abiturprüfungen ist noch nicht geklärt
Die meisten der betroffenen Schüler hätten bereits im vergangenen Frühjahr 13 Wochen Unterrichtsausfall hinnehmen müssen. Nach Ansicht von Wissenschaftlern spielten gerade Grundschüler eine untergeordnete Rolle in der Pandemie. Darum wünscht sich Rabe besonders für Grundschulen eine frühzeitige Rückkehr zum vollen Präsenzunterricht. Er erwartet, dass die öffentliche Diskussion in den nächsten Wochen wieder verstärkt in diese Richtung gehen wird.
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Über den Ablauf der diesjährigen Abiturprüfungen wollen die Kultusminister noch im Januar beraten. Als Beispiel für mögliche Lösungen nannte Rabe eine Verschiebung der Prüfungen, eine Reduzierung der Aufgaben oder eine ausnahmsweise Abkehr von zentralen Prüfungen. Die Abi-Vorklausuren sollen in diesem Monat nach Möglichkeit in den Schulen unter Einhaltung aller Hygieneregeln geschrieben werden. Abiturienten, die das nicht wollen, könnten Ersatzleistungen wie Referate erbringen. Für alle Schüler, Abiturienten eingeschlossen, sollen im März sogenannte Lernferien angeboten werden, in denen sie versäumten Stoff freiwillig nachholen können.
Schriftliche Prüfungen fallen teilweise weg
Bei anderen Abschlussprüfungen hat die Schulbehörde bereits Veränderungen beschlossen, einige Prüfungen werden wegfallen. Das teilte die Behörde den Schulleitungen in einem Schreiben mit, das dem Abendblatt vorliegt. Dabei geht es um die Hauptschulabschlussprüfung und die Prüfungen in den zehnten Klassen der Gymnasien.
"Vor dem Hintergrund der Aussetzung der Präsenzpflicht an den Hamburger Schulen seit dem 16. Dezember 2020 und auf Anregung von Schulleitungen der Hamburger Gymnasien ist entschieden worden, in diesem Schuljahr auf die zentrale schriftliche Überprüfung in den Gymnasien zu verzichten", heißt es in der Mitteilung. Die schriftlichen zentralen Prüfungen zur Oberstufe sollen von den Fachlehrern durch Klassenarbeiten ersetzt werden. Das Zeugnis des Hauptschulabschlusses soll sich aus den Einzel-Noten zusammensetzen.
Für Kinder und Jugendliche aus den Jahrgangsstufen 1 bis 10 und in der Vorstufe der Stadtteilschulen gibt es zudem vorerst keine Klassenarbeiten. Diese können laut Behörde nachgeholt werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, auf die Klassenarbeiten zu verzichten, wenn sich auch so klare Zeugnisnoten ergeben.
Rabe verwehrt sich gegen "abenteuerliche" Vorschläge
Für abwegig hält der Schulsenator Vorschläge, nach dem strengen Lockdown Unterricht für geteilte Klassen in zurzeit nicht genutzten Räumlichkeiten wie den Messehallen anzubieten und dabei auf die Hilfe von pensionierten Lehrern und Lehramtsstudenten zurückzugreifen. „Bei aller Liebe, aber Schule ist schon eine anspruchsvolle Sache, und die muss gut klappen“, betonte Rabe. Mit Kindern und Jugendlichen sollte man nicht herumexperimentieren.
„Deswegen finde ich, sind diese Vorschläge, ob man nicht in Kneipen mit angelernten Studenten genauso gut Unterricht machen kann, ein bisschen abenteuerlich.“ Rabe fügte hinzu, dass angesichts des schon länger bestehenden Lehrermangels durchaus Pensionäre und Studenten eingebunden würden, etwa bei Doppelbesetzungen im Unterricht oder der Hausaufgabenhilfe - aber nicht im alleinverantwortlichen Unterricht.