Hamburg. Emilia „Milla” Fester aus Hamburg ist die jüngste Abgeordnete in Berlin und will der Jugend eine Stimme geben. Was sie fordert.

Mit zerzausten Haaren und dunklen Schatten unter den Augen hat Emilia Fester am Sonntag ihren Wahlzettel in die Urne gesteckt. Wer den Terminkalender der 23 Jahre alten Politikerin kennt, die alle Milla nennen, weiß warum: In den vergangenen Wochen hetzte sie von einem Termin zur nächsten. Höhepunkt waren die letzten 48 Stunden vor der Bundestagswahl, in denen Fester keine Minute Pause machte.

Sie war mit der Grünen Jugend (GJ) im Stadtgebiet unterwegs, um unentschlossene Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren – für die Grünen und sich selbst. Als Spitzenkandidatin der GJ hatte sie es auf die Landesliste der Grünen geschafft, bewarb sich auf Platz drei um ein Mandat im Deutschen Bundestag. Die schlaflosen Stunden hinterließen Spuren im Gesicht der Hamburgerin.

Parlament: Fester ist jüngste Abgeordnete

All der Stress lohnte: Fester darf als Abgeordnete einziehen – auch noch als Jüngste im Bundestag überhaupt. Sie selbst findet sich mit ihren „23 Jahren leider (aber) schon ein bisschen alt“, wie sie in einem Post auf Instagram schreibt.

Dennoch möchte sie für die jungen Themen der GJ einstehen, die den Sprung nach Berlin erst ermöglicht hat. Wie lauten die Forderungen, mit denen sie nach Berlin fährt? Und was genau musste sie tun, um es dorthin zu schaffen?

Ihre Politik-Leidenschaft entbrannte mit neun Jahren

Angefangen hat ihre Laufbahn wohl im Alter von neun Jahren, als die Politik Fester das erste Mal frustrierte. Sie wollte bei der Landtagswahl in Niedersachsen wählen, aber durfte nicht. „Mega unfair“, fand Fester das. Es sei schließlich auch um ihre Zukunft gegangen. Seitdem hatte sie sich immer wieder am Wahlalter gestört, doch Jahre vergingen, bis sie politisch aktiv wurde.

Im Alter von 18 Jahren trat Fester den Grünen bei und beteiligte sich am Wahlkampf von Marcel Duda, dem Spitzenkandidat der GJ Niedersachsen und Bundestagskandidaten im Wahlkreis Cuxhaven-Stade II. Wenig später zog Fester in die Hansestadt, wo sie sich als Landessprecherin bei der GJ Hamburg engagierte. Im vergangenen Jahr beförderte die Jugendorganisation seine Sprecherin: Im Oktober stellten die Mitglieder Fester zur einzigen Votenträgerin für die Bundestagswahl auf. Dadurch verschaffte sich die Nachwuchspolitikerin bei der Mutterpartei Gehör – und ihr gelang im Mai auch der Sprung auf die Landesliste der Grünen.

Es gab parteiintern auch Gegenwind für Fester

Es wirkt mühelos, wie schnell Fester sich in der Partei etablierte, doch aus den eigenen Reihen kam ihr zufolge auch Gegenwind. Sie erzählt: Zwar hätten sich schnell „Milla-Fans“ gefunden, darunter Till Steffen, Sprecher für Verfassung und Verfassungsschutz in der Grünen Bürgerschaftsfraktion und bald selbst im neuen Bundestag.

Doch andere, deren Namen geheim bleiben sollen, hätten die junge Politikerin für beeinflussbar und nicht eigenständig gehalten. „Absurd“ findet Fester das. „Als könnte ich nicht auch als junger Mensch eine eigene Meinung und außerdem ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis zu Gleichgesinnten haben.“

Zukunftsfragen: Auch die Jugend soll mitbestimmen

Bei Zukunftsfragen sollten alle mitbestimmen, die von den Antworten betroffen seien. „Dazu ist eine repräsentative Demokratie ja auch da.“ Im neuen Bundestag möchte Fester deshalb stellvertretend für die GJ den jungen Menschen eine Stimme geben. „Uns geht es darum, dass die Jugend sich die Zukunft zurückholen soll“, sagte Fester im Frühsommer in einem Abendblatt-Interview. Damals hatte sie noch keine Schatten unter den Augen und die heiße Phase des Wahlkampfs stand noch bevor. Heute wie damals fordert sie: „Wir wollen Generationengerechtigkeit.“

Doch sie will noch mehr. Neben der Jugendpolitik verfolgt sie zwei weitere Themen: Klimagerechtigkeit und Queerfeminismus. Was bedeutet das konkret? Fester möchte Kinderrechte ins Grundgesetz bringen und – wie könnte es anders sein – das Wahlalter herabsenken. Wichtig ist ihr auch das Pariser Klimaabkommen, um künftige Generationen vor größerem Schaden zu schützen. Sie fordert „eine CO2-Steuer mit sozialem Energiegeld“, demnach sollen die Einnahmen zu gleichen Teilen wieder an die Bevölkerung zurückgezahlt werden. Auch Investitionen in den Klimaschutz sollen eine tragende Rolle spielen. Wenn sie bestimmen dürfte, gäbe es in Politik und Wirtschaft Frauenquoten. Die Liste an Ideen ist lang.

„Armin Laschet sollte eine klare Absage bekommen“

Ob sie ihren Parteifreunden gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode damit einheizt? Wohl eher nicht. Als Fester am Morgen nach der Wahl im Zug nach Berlin saß, um später am Tag die neuen und alten Abgeordneten kennenzulernen, machte sie einen zurückhaltenden Eindruck.

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Einer Antwort wich sie aus, sagte stattdessen: Es sei nicht ihre Position, nun als Stimme der Partei zu sprechen. Doch in einem legte sie sich fest: „Armin Laschet sollte eine klare Absage bekommen. Wir brauchen jetzt eine positive Wende. Ich bin überzeugt, dass die CDU in die Opposition gehört.“ Entsprechend hofft die junge Bundestagsabgeordnete auf eine Ampel-Koalition und lehnt eine Neuauflage der GroKo oder ein Jamaika-Bündnis entschieden ab.

Parlament: Fester erhält Abgeordneten-Ausweis

Wie geht es nun weiter mit Milla Fester? Sie wird künftig zwei Wohnsitze haben, den ersten in Eimsbüttel, den zweiten in Berlin. Am Montag besichtigte sie die erste Wohnung, bisher allerdings, ohne eine Zusage zu bekommen. Sie muss noch zittern. Sichern konnte sie sich dagegen bereits ihren vorläufigen Abgeordneten-Ausweis des Deutschen Bundestags. Den hielt sie am Dienstagnachmittag auf Facebook stolz in die Kamera.