Hamburg. Schaltzentrale im Hotel Atlantic. Alles Wissenswerte rund um die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden im Live-Blog.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat beim historischen Parteitag in Hamburg, der ihren Nachfolger (oder Nachfolgerin) wählen wird, die Gespräche mit ihrer Partei aufgenommen. Merkel kam am Donnerstagnachmittag ins Atlantic Hotel Kempinski, wo die "Schaltzentrale" sein wird, auch wenn die Delegierten am Freitag in den Messehallen über Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn abstimmen werden.
Für die scheidende Vorsitzende ist es eine Reise von Hamburg nach Hamburg: Was für eine Biografie, was für eine Karriere für die (noch) amtierende deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie durchbrach im Jahr 2005 die Phalanx der Männer im Kanzleramt von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder, als sie als Regierungschefin erstmals vereidigt wurde.
Angela Merkel wurde am 17. Juli 1954 im Hamburger Elim-Krankenhaus an der Hohen Weide geboren und lebte kurzzeitig in der Isestraße, ehe sie mit ihrer Familie "in den Osten" zog. Ausgerechnet in Hamburg endet nun zumindest ihre Regentschaft als CDU-Vorsitzende.
Das Abendblatt berichtet im Live-Blog von den Hamburg-Aspekten dieses historischen Parteitags.
Merkel-Nachfolge? So wählen die User
Fast 3000 User haben am Donnerstag um 17 Uhr auf abendblatt.de bereits abgestimmt, wer neuer CDU-Vorsitzender werden soll. Vorne liegt derzeit Friedrich Merz mit 47 Prozent vor Annegret Kramp-Karrenbauer mit 44 Prozent. Für Jens Spahn würde fast jeder zehnte User votieren: 9 Prozent.
CDU-Tweet aus dem Hotel Atlantic
Der erste "offizielle" Tweet aus der Vorstandssitzung der CDU: Julia Klöckner twitterte ein Bild aus dem Hotel Atlantic. Darf sie das? Das wird man einer Bundesministerin wohl kaum verbieten dürfen, oder?
Merkel-Nachfolge: Trepoll innerlich zerrissen
Wer
soll Merkel nachfolgen? Hamburgs CDU-Fraktionschef André Trepoll will sich offenbar erst unmittelbar vor der Abstimmung am Freitag entscheiden. Trepoll sagte: "Mein Bauch sagt, Friedrich Merz wäre jetzt eine gute
Wahl. Mein Kopf sagt Annegret Kramp-Karrenbauer."
Julia Klöckner auf Öko-Markt fast aufs Glatteis geführt
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner entschied sich – passend zu ihrem Ressort – zu einem Besuch auf dem Eppendorfer Öko-Wochenmarkt auf dem Marie-Jonas Platz. Begleitet von Markleiterin Anne Faika, ließ sie sich von Fleisch-Verkäufer Andreas Dreymann erklären, was ein Bio-Fleischsommelier genau tut. Sie verriet, dass sie manchmal auch ein paar Wochen auf Fleisch verzichte. Trotzdem sagte sie: „Ich bin nicht gegen Fleischesser, es muss ein guter Mix sein“.
Auch an den Ständen des Obsthofes Mählmann und des Guts Wulfsdorf zeigte sich die Ministerin, die selbst auf einem Weingut aufwuchs, interessiert. Während die Händler ihr von den Herausforderungen der ökologischen Landwirtschaft erzählten, hörte sie aufmerksam zu.
Insgesamt gab sich Klöckner bürgernah, stellte viele Fragen, ließ aber auch selbst viele zu. Zumindest solange die sich um ihren Fachbereich drehten. Als ein älterer Herr wissen wollte, für wen sie morgen stimmen werde, blockte sie ab. „Das werde ich Ihnen sicher nicht sagen, da das eine geheime Wahl ist“. Eine Wochenmarktbesucherin überreichte Klöckner ein Schild mit einem Kreuzchen hinter dem Namen „Merz“. Mit einem bestimmten „Nee, das lassen wir jetzt mal“, lenkte die Ministerin das Thema schnell wieder auf ihre Lieblingsthemen: Landwirtschaft und Ernährung.
Altmaier kommt etwas zu spät zum Mittagessen
Er kam acht Minuten zu spät und etwas angeschlagen. Eine schwere Erkältung macht dem Wirtschaftsminister zu schaffen – und der Kampf um den CDU-Vorsitz wohl auch. Am Morgen hatte Peter Altmaier sich in der „Rheinischen Post“ zu Wort gemeldet. Dort kritisierte der Saarländer Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble wegen dessen Empfehlung, den Kandidaten Friedrich Merz zu wählen. Der Vorstoß von Schäuble habe ihn überrascht und gewundert, damit sei der "Damm gebrochen", so Altmaier. Beim Mittagstermin auf Einladung des Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten im Steigenberger wollte er nicht weiter nachlegen. Klar wurde jedoch auch hier, dass der Wirtschaftsminister ein knappes Ergebnis erwartet und ein treuer Knappe der Kanzlerin und der Saarländer Parteifreundin Annegret Kramp-Karrenbauer ist. „Ich bin überzeugt, dass wir mit Kramp-Karrenbauer die beste Chance haben, die CDU zu einen und Wahlen zu gewinnen“, sagte er im Interview.
Frisch und frei sprach er zum eigentlichen Thema das Treffens „Deutschlands Außenhandel und der neue Protektionismus“. Dabei warb er eindringlich für seine Idee, mit staatlicher Hilfe Schlüsseltechnologien in Europa zu halten. Altmaier plädiert für eine Kooperation bei Künstlicher Intelligenz und der Batterietechnologien nach Airbus-Vorbild. „Der Hamburger Hafen ist mir lieb und teuer“, versprach Altmaier und verwies auf Investitionen etwa in Landstrom und E-Autobahnen. Ein Zuhörer hörte mit besonderem Interesse dazu: Wirtschaftssenator Michael Westhagemann war der Einladung ebenfalls gefolgt.
Angela Merkel trifft am Hotel Atlantic ein
Es ist 14:26 Uhr, als Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer dunklen Limousine vor dem Hotel Atlantic eintrifft. Vor der Tür wird Merkel, die einen braunen Blazer trägt, vom geschäftsführenden Direktor Franco Esposito begrüßt. Lächelnd betritt Merkel die Halle und begrüßt die Journalisten und Kamerateams mit einem fröhlichen „Guten Tag.“ Fragen nach ihren Erwartungen zum Bundesparteitag beantwortet sie nicht. Die Kanzlerin wird in die Präsidentensuite gebracht. Eine kurze Pause, bevor um 15 Uhr die Präsidiumssitzung im Weißen Saal des Hotels beginnt.
Volker Bouffier in Hamburg eingetroffen
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier ist ebenfalls eingetroffen. Bereitwillig beantwortet er die Fragen der Kamerateams und sagt: „Ich werde aus Respekt vor den Kandidaten, die sich um den Parteivorsitz bewerben, keine Wahlempfehlung abgeben.“ Heute Abend wird Bouffier zu Gast sein beim Hessen-Dinner der CDU im Mövenpick Hotel.
Altmaier sagt "Moin" bei Lufthansa Technik
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier besuchte am Donnerstagmittag die Lufthansa Technik Basis in Fuhlsbüttel. Zu Beginn sprach er mit dem Vorstand der Unternehmensentwicklung. "Was wir sagen können, ist, dass Themen wie Digitalisierung und Datenhoheit zur Sprache kamen", berichtete Pressesprecher Michael Lagemann.
Anschließend ließ sich Altmaier durch die Ausbildungswerkstatt führen. Dort bildet die Lufthansa Technik Basis durchschnittlich 360 junge Menschen pro Jahr zu Flugzeugmechanikern aus. Mit einem lauten "Moin!" betrat er um kurz vor 13 Uhr die Werkstatt. Bei einem Rundgang zeigten ihm die Auszubildenden, woran sie gerade arbeiten. Zum Beispiel das Strukturbauteil für eine A320-Maschine, an dem Azubi Tim de Mol zur Zeit werkelt.
Viel Zeit brachte Altmaier nicht mit, oftmals reichte es nur für ein kurzes "Toll" oder ein "Viel Erfolg". Bei einem Thema kam er aber in Plauderlaune: Digitalisierung. Mit den Azubis fachsimpelte er darüber, bei welchen Tätigkeiten Roboter die Flugzeugmechanik in der Zukunft unterstützten könnten. Künstliche Intelligenz spiele in der Ausbildung der Lehrlinge eine große Rolle, sagte Ausbildungsleiter Michael Paarmann. Neben Programmieren stehe auch Innovations- und Ideenmanagement auf dem Stundenplan. Ob sich Altmaier deshalb für einen Besuch bei der Lufthansa Technik Basis entschieden hat, ließ der Minister offen: Presserückfragen seien bei ihm nicht angemeldet gewesen.
Von der Leyen und Spahn treffen in Hamburg ein
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen trifft im Atlantic ein. Schlicht gekleidet mit braunen Stiefeln, schwarzer Jeans und Bluse. Die Spitzenpolitikerin verschwindet gleich im Fahrstuhl, um auf ihr Zimmer zu fahren. In der Empfangshalle stehen überall Sicherheitsbeamte, denn demnächst wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in dem Luxushotel an der Außenalster erwartet. Zuvor wird Merkel noch die Messehallen inspizieren, in denen ab morgen der Parteitag veranstaltet wird.
Auch Jens Spahn ist inzwischen in Hamburg eingetroffen: Exakt eine halbe Stunde nach seinem Ehemann Daniel Funke, checkt der Bundesgesundheitsminister im Atlantic ein und fährt auf seine Suite.
Schnüffler in den Messehallen
In den Messehallen schnüffeln die Sprengstoffhunde nach möglichen explosiven Stoffen, bevor der Veranstaltungsort von der Polizei freigegeben werden kann. Routine – auch für die Hunde.
Annegret Kramp-Karrenbauer im Kinderkrankenhaus
Friedrich Merz, Jens Spahn? Nein, erst einmal Kinder im Altonaer Kinderkrankenhaus. Annegret Kramp-Karrenbauer besuchte am Donnerstagmorgen die über Hamburg hinaus renommierte Klinik. Am Nikolausmorgen stellt sich heraus: Die Gleichheit der Initialen war dabei ein willkommener Gag der Geschäftsführung – AKK im AKK. Ruhig und fröhlich betritt die CDU-Politikerin am Morgen das Kinderkrankenhaus. Ihr Blazer leuchtet signalrot. Von Aufregung ob des Parteitages keine Spur.
Als erstes geht es auf die orthopädische Station. Kramp-Karrenbauer spricht mit mehreren der kleinen Patienten und verteilt Nikolaustütchen. Mit dabei sind auch Parteikollege Marcus Weinberg und der Ärztliche Direktor des UKE, Burkhard Göke. „So ein Termin stimmt einen schon nachdenklich“, sagte Kramp-Karrenbauer nach dem Stationsbesuch. „Nicht allen geht es gut. Gerade in der Weihnachtszeit kann das schmerzen“, so die Geschäftsführerin der Kinderklinik Christiane Dienhold, die den Besuch organisierte.
In einer anschließenden Gesprächsrunde mit Pflegekräften des Krankenhauses sprach die CDU-Generalsekretärin über die aktuelle Situation in der Pflege. „Ich treffe nachher Jens Spahn, um ihm zu sagen, was alles besser werden muss“, scherzte sie. „Wenn sie drei Wünsche frei hätten, die ich ihm mitbringen soll, was wäre das?“ Die Antworten des Pflegepersonals reichten von einer attraktiveren Gestaltung des Berufs, einem eigenständigen Ausbildungszweig zur Kinderkrankenschwester, über eine bessere Bezahlung bis hin zu einer positiveren Diskussionskultur. „Das Wort Pflegenotstand hilft nicht. Das macht nur schlechte Laune“, sagte Pflegedirektorin Stefanie Scheffler.
Und die Wahl? „Das ist morgen ein offenes Rennen.“ Die große Aufgabe auch nach dem CDU-Parteitag sei es, die Partei zusammenzuhalten, betonte sie.
Hans-Olaf Henkel twittert
Der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel (78), der sich einst der AfD anschloss, befürwortet Friedrich Merz im Amt des CDU-Vorsitzenden. Es gehe um die Wirtschaft, twitterte er in Anlehnung an einen Wahlkampfslogan von Bill Clinton 1992: "It's the economy, stupid!"
Henkel wurde in Lemsahl-Mellingstedt geboren und machte zunächst bei IBM Karriere, ehe er den Industrieverband führte und sich später politisch engagierte. Aus der AfD, für die er ins Europaparlament einzog, trat er wieder aus.
Hotel Atlantic: Kandidaten belauern sich
Hotel Atlantic Kempinski an der Alster: Um 15 Uhr beginnt die Präsidiumssitzung, dann die Bundesvorstandssitzung der CDU. Hier sind natürlich auch die Kandidaten Spahn und Kramp-Karrenbauer anwesend. Normalerweise wird bei solchen Meetings abgesteckt, wie eine Wahl, wie ein Parteitag abläuft. Diesmal gibt es eine Kampfkandidatur. Da werden sich die Aspiranten eher belauern, als die Karten auf den Tisch zu legen.
Merkel in den Messehallen
Am Nachmittag wird Parteichefin Merkel ihren traditionellen Hallenrundgang machen, wie bei jedem Parteitag. Sie kennt die Messehallen spätestens seit dem G20-Gipfel 2017 bestens. Da war sie Gastgeberin für Wladimir Putin und diesen anderen Präsidenten, der ihr beim ersten Fototermin im Weißen Haus nicht wirklich die Hand geben wollte. Und der Bürgermeister, der bei G20 Hamburg schützen sollte, sitzt nun bei der Kanzlerin am Kabinettstisch und ist ihr Vize: Olaf Scholz.
Hamburger CDU-Mann Ploß: Mit Merz gegen die AfD
Der Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß schreibt im Abendblatt, der Parteitag habe auch Auswirkungen auf die Bürgerschaftswahl 2020. Er glaubt, dass Friedrich Merz als CDU-Vorsitzender helfen könnte, das desaströse Abschneiden der Elb-CDU im Jahr 2015 nach oben zu korrigieren. Und es könnte einen Nebeneffekt geben, so Ploß: "Es scheint möglich: Mit Friedrich Merz an der Spitze könnte es uns gelingen, die AfD bei der nächsten Bürgerschaftswahl im Februar 2020 aus der Bürgerschaft zu drängen.