Hamburg. Bürgermeister Peter Tschentscher warnt vor der dritten Welle und kritisiert Schleswig-Holstein. Auch für Ostern hat er einen Plan.
Ein paar Dinge sind Peter Tschentscher so wichtig, dass er sie gleich zweimal sagt. Nach dem Motto: Doppelt hält besser. Und so bleibt am Freitag, als Hamburgs Bürgermeister die Rückkehr zum Lockdown verkündet, diese mehrfach wiederholte Äußerung haften: „Wir sind in der dritten Welle. Sie ist nicht nur da, sie ist auch stark.“
Es ist genau diese Lagebeurteilung, die im Senat dazu geführt hat, nun die Notbremse zu ziehen. Dabei wäre das rein formal noch nicht zwingend notwendig gewesen. Denn die Inzidenzwerte, die das Robert-Koch-Institut in seiner Statistik für Hamburg ausweist, liegen noch unter der 100er-Marke. Am Freitag wurden 91 gemeldet.
Hamburg nimmt Öffnungsschritte zurück – kaum Ausnahmen
Der Hamburger Senat ist bei seiner aktuelleren Rechnung allerdings bei 108,6 angekommen. Für Tschentscher ist dieser Wert entscheidend – auch deshalb, weil er ein Warten auf die weitere Entwicklung der RKI-Zahlen für falsch hält. „Ich gehe davon aus, dass die Inzidenzwerte weiter steigen werden. Wir handeln früher, damit haben wir gute Erfahrungen gemacht“, sagte er. „Deshalb setzen wir die Notbremse jetzt um. Die beschlossenen Öffnungsschritte werden zurückgenommen.“ Die neuen Regeln gelten von Sonnabend an.
Der Senat setzt damit um, was er bereits vor Tagen angekündigt hatte. Konkret bedeutet das: Der Einzelhandel darf nur noch „Click & Collect“ (kontaktlose Abholung) anbieten. „Kein Terminshopping mehr“, sagte Tschentscher. Ausgenommen sind Lebensmittelgeschäfte, Blumenläden, Gartenmärkte, Buchhandlungen und Friseure.
Private Treffen sind ab sofort auf die Mitglieder des eigenen Hausstands plus eine weitere Person begrenzt, wobei Kinder unter 14 Jahren nicht mitgezählt werden. Museen müssen wieder schließen. Schulen und Kitas bleiben hingegen weiter geöffnet.
Tschentscher gegen Lockerungen für den Osterurlaub
Für die Bund-Länder-Konferenz am kommenden Montag, wo über die weiteren Corona-Maßnahmen entschieden werden soll, hat Tschentscher einen klaren Plan. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass es keine weiteren Öffnungsschritte gibt. Wir sind in einer schwierigeren Lage als vor zwei Wochen.“ Sonderregelungen für Ostertourismus hält er für „schwierig“.
„Da höre ich ganz erstaunliche Dinge, was da wieder möglich sein soll“, sagte er – möglicherweise eine Anspielung auf Äußerungen seines Amtskollegen in Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), der über die Festtage Urlaub im eigenen Bundesland erlauben will.
Tschentscher kritisierte die Entscheidungen, die bei der Bund-Länder-Konferenz am 3. März getroffen wurden. „Es war nicht gut, die 35er-Grenze im Perspektivplan auf 50 anzuheben. Das hat zu großen Öffnungsschritten in vielen Ländern geführt.“ Er verwies auf die unterschiedlichen Regelungen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Dort sind Einzelhandelsgeschäfte seit zwei Wochen geöffnet.
Baumärkte im Hamburger Umland bleiben geöffnet
„Verfrühte Öffnungen bringen keine Entlastungen, sondern verlängern die Krise und machen die Sache schwerer.“ In den großen Einkaufszentren im Umland wurden viele Hamburger gesichtet. „Mein Wunsch wäre, dass sich die an Hamburg angrenzenden Landkreise genauso wie Hamburg betroffen fühlen“, sagte er. „Hamburger können sich beim Einkaufen in Schleswig-Holstein infizieren. Die Mobilität ist ein wesentlicher Pandemiefaktor.“
In der Metropolregion gebe es wegen der vielen Ein- und Auspendler ohnehin viel Mobilität. „Wir sind eng verwoben mit dem Umland“, sagte Tschentscher. „Es ist nicht möglich, die Dinge in Hamburg und im Umland getrennt zu organisieren. Wo Regelungen zu Mobilität führen können, sollten wir möglichst einheitlich vorgehen.“ Ob sich diese Einheitlichkeit je herstellen lässt, bleibt zweifelhaft. Im Umland schließen nun zwar die Geschäfte wieder. Nur noch „Click & Meet“ ist erlaubt. Die Liste der Ausnahmen ist allerdings lang. Auch Baumärkte bleiben weiter geöffnet.
Hamburg verwendet wieder AstraZeneca-Impfstoff
Einziger Lichtblick in der düsteren Perspektive, die Bürgermeister Tschentscher entwarf, sind die Impfungen. „Die Impfung wirkt, und sie wirkt sofort“, sagte er. Nach der Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA sollen die Impfungen mit AstraZeneca auch in Hamburg wieder aufgenommen werden. „Es ist gut, dass wir ihn wieder nutzen können“, sagte Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD). Je 50.000 Impfstoffdosen der Marken Biontech, Moderna und AstraZeneca sollen in den ersten beiden Aprilwochen geliefert werden. Das reicht nach Auskunft der Gesundheitsbehörde in etwa, um das bisherige Impftempo beizubehalten.
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Steigerungen sind nur möglich, wenn deutlich mehr Impfstoff geliefert werden würde. Ob dies in der zweiten Aprilhälfte geschieht, ist derzeit noch unklar. Die CDU-Opposition in der Bürgerschaft begrüßte die Rückkehr zum Lockdown. „Vor dem Hintergrund der in den letzten Tagen stark angestiegen Inzidenz ist die vereinbarte Notbremse leider der notwendige nächste Schritt für Hamburg“, sagte Dennis Thering. Der CDU-Fraktionschef: „Wir fordern den rot-grünen Senat auf, die Teststrategie deutlich auszuweiten und Impfungen sicherzustellen.“
Kultursenator Carsten Brosda bedauerte die Schließung der Museen. „Dieses Virus lehrt uns leider, dass wir auch mit Rückschlägen umgehen müssen“, sagte er. „Dass die Notbremse so schnell greift, ist ärgerlich, aber notwendig, um den weiteren Anstieg der Infektionszahlen zu stoppen.“ Die Zeit müssen nun genutzt werden, um an Öffnungsstrategien zu arbeiten. „Hier wird es neben den hoffentlich endlich anwachsenden Impfkapazitäten vor allem auch um den Ausbau der Testungen gehen“, sagte Brosda.