Berlin. Er liebt Knödel und „Tatort“, hat aber auf eine deutsche Tradition keine Lust: Rechtsextremismus. Wie Fabian Grischkat Rechte ärgert.

Fabian Grischkat ist stolz. Stolz auf deutsche historische Persönlichkeiten, ein bisschen auch auf Knödel und deutsche Hausmannskost. Nur sind es jene historischen Persönlichkeiten, die lange und vielleicht bis heute nicht zum Kanon großer Deutscher gehören, nach denen nicht in jeder Stadt ein Platz benannt ist. Es sind Vorkämpfer für die Rechte jener Menschen, deren Sexualität oder Geschlecht von der heterosexuellen Norm abweicht. Drei von ihnen zieren jetzt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Stolzmonat“.

Der „Stolzmonat“, das ist eine rechte Hetzkampagne, die als Gegenstück zum Pride Month, also dem Monat queren Selbstbewusstseins und Sichtbarkeit, von Rechten initiiert wurde. Wer dem Hashtag #stolzmonat auf X, ehemals Twitter folgt, rutscht in ein Meer aus Schwarz-Rot-Gold und Hass auf queere Menschen.

Auch einiges Hellblau ist dabei, denn AfD-Accounts mischen hier maßgeblich mit, wie die niedersächsische Landtagsabgeordnete Vanessa Behrendt oder der Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich. Behrendt etwa verbreitet mit ihrem Schwarz-Rot-Gold hinterlegten X-Profil die menschenfeindliche Erzählung, queere Personen würden Kinder „frühsexualisieren“ oder Genitalien verstümmeln.

T-Shirts: „Stolzmonat“ und Ikonen der queeren Geschichte

Diese simple Übersetzung des englischen „pride month“ will der queere Aktivist und Webvideoproduzent Grischkat nicht den Rechten überlassen. Er ließ den Begriff als Marke eintragen und startet pünktlich zum Pride Month im Juni den Verkauf seiner Kollektion. Momentan besteht sie aus T-Shirts mit zwei Motiven.

Das eine ist eher unauffällig, mit einem Herz in zartem Rosa und dem Schriftzug „Stolzmonat“. Das andere, das sich laut Grischkat etwas besser verkauft, und das der 23-Jährige zum Treffen in der Knödelwirtschaft im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg trägt, zieren drei deutsche queere Ikonen: Die lesbische Volkssängerin Claire Waldoff, Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld, dessen Büste in den Feuern der Bücherverbrennung der Nazis landete, und Melitta Sundström, als „Soultunte“ in West-Berlin bekannt geworden und an AIDS verstorben. Nach Sundström ist auch ein Café im Schwuz Berlin benannt.

AfD-Anwalt sagt Grischkats Marke „Stolzmonat“ den Kampf an

Der Verkauf der Shirts über seinen Onlineshop sei „erstaunlich gut“ angelaufen, sagt Grischkat. Und die Reaktionen aus dem rechten Lager ließen ebenso wenig auf sich warten. „Getroffene Hunde bellen“, sagt Grischkat dazu. In seinem Fall sogar mehr als das. Der Anwalt Sascha Schlösser, AfD-Kandidat bei der Europawahl und Stadtrat in Erfurt in Thüringen, hat bereits Widerspruch gegen die Eintragung der Marke eingelegt.

In den Sozialen Medien kursieren rechte Memes, die Grischkat zur Zielscheibe haben. Kommentare, bis hin zur Volksverhetzung erreichen den Berliner Aktivisten. „Über manches musste ich selbst schmunzeln“, sagt er, „aber was eine Grenze überschreitet, wird definitiv zur Anzeige gebracht.“ Als queere Person des öffentlichen Lebens sei er es aber gewohnt, verbal angegriffen zu werden.

Grischkat: Traditionen ja, Rechts nein

Trotz des Hasses, der ihm entgegenschlägt, ist Grischkat darauf bedacht, nicht zu spalten. Zumindest nicht die Gesellschaft, von den Rechten will er sich klar abgrenzen und ein Zeichen gegen sie setzen.

Aber Traditionen, wie den sonntäglichen Tatort, mag er selbst, wie er sagt. Oder deutsche Küche. Am liebsten in der veganen Version, also gibt es Spinat- und Pilz-Tofu-Knödel. „Ich liebe Schnitzel, Spätzle, alles deftige“, sagt Grischkat. Vegan heiße nicht immer, gesunde Bowls mit viel Grünzeug zu essen.

Grischkat steht als queerer Aktivist in der Öffentlichkeit und wird immer weider Zielscheibe verbaler Attacken in den Sozialen Medien. „Man braucht schon ein dickes Fell“, sagt der 23-Jährige.
Grischkat steht als queerer Aktivist in der Öffentlichkeit und wird immer weider Zielscheibe verbaler Attacken in den Sozialen Medien. „Man braucht schon ein dickes Fell“, sagt der 23-Jährige. © FUNKE Foto Services | Michele Tantussi

Sogar zwischen den Deutschlandfarben und den Regenbogenfarben der Pride-Flagge sieht Grischkat keinen Widerspruch. „Man kann an einem Tag ins Fußballstadion gehen und die Deutschlandflagge schwenken und am nächsten Tag auf dem CSD Regenbogenfarben tragen“, findet er.

Hoffnung trotz „Faschisierung in allen Lebensbereichen“

Da würden ihm die Fürsprecher der rechten „Stolzmonat“-Kampagne wohl widersprechen. Die Vertreter der AfD, der Identitäten Bewegung und anderer mit rechter Gesinnungsgruppen malen ein satanistisches Bild der LGBTQIA-Community, sprechen von einem vermeintlichen „Trans-Kult“.

Sie propagieren ein heteronormatives Gesellschaftsbild mit klassischer Rollenverteilung. Auf den Profilbildern oder im Wahlkampf sind oft blonde Frauen zu sehen, mit stechend blauen Augen oder im züchtigen Dirndl, die Haare zum Zopf geflochten. Queere Menschen kommen dort als Dämonen vor, die die Gesellschaft zersetzen oder eine Gefahr für Kinder darstellen sollen, Stichwort: Frühsexualisierung.

Nicht nur die Rollenbilder, auch die Geschichtsklitterung der Rechten und Rechtsextremen macht Grischkat sorgen. Dass Maximilian Krah nicht alle SS-Mitglieder als Kriminelle sehen wollte, jetzt aber von ihm unterschriebene „Stolz-Shirts“ verlost, erschüttert den Aktivisten. Trotz allem, was über die AfD ohnehin schon bekannt ist.

„Wir beobachten eine Faschisierung in allen Lebensbereichen“, sagt Grischkat. Da reiche es nicht, einmal im Jahr ein „Nie Wieder“-Sharepic zu teilen. Und doch: Mittlerweile gingen Tausende gegen Rechts auf die Straßen, auch seine Oma demonstriert. Das mache ihm Hoffnung.