Damaskus/Jerusalem. Nach dem Tod iranischer Generäle in Syrien wachsen die Spannungen in der Region. Das kann Folgen für die Sicherheit in Europa haben.

Steht der Nahe Osten vor einer neuen Eskalation? Nach einem israelischen Schlag auf ein iranisches Botschaftsgebäude in der syrischen Hauptstadt Damaskus bereiten sich Israel und die USA auf mögliche Racheakte Teherans vor – und zwar nicht nur in der Region, sondern auch in den USA und in Europa.

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Ein Kampfflugzeug soll mehrere Geschütze auf ein Gebäude nahe der iranischen Botschaft in Damaskus abgefeuert haben. Bilder des Schauplatzes zeigen ein Haus, das dem Erdboden gleichgemacht wurde. Bei dem Luftschlag wurden laut iranischen Angaben zwei hochrangige iranische Generäle und elf weitere Personen getötet.

Der iranische Religionsführer Ali Chamenei erklärte daraufhin, dass der Iran Rache üben werde. „Israel wird seine Attacke auf die iranischen Gesandten in Syrien bitter bereuen“, sagte Chameini. Irans Botschafter in Syrien ergänzte, Israel habe „alle roten Linien überschritten“. Allerdings ist es nichts Ungewöhnliches, dass Israel iranische Ziele in Syrien angreift. Bereits am vergangenen Freitag waren bei einem solchen Schlag in Aleppo mindestens 49 Personen ums Leben gekommen.

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Israelischer Luftschlag in Damaskus: Wer sind die Toten?

Der Luftschlag am Montag gilt aber laut Experten als neue Stufe der Eskalation: Denn es handelt sich um einen Schlag gegen hochrangige Köpfe der iranischen Revolutionsgarden. Unter anderem nennen iranische Quellen Mohammad Reza Zahedi als eines der Opfer, der bis vor acht Jahren eine Eliteeinheit in Syrien kommandiert haben soll. Er gilt als Teherans Top-Mann in Syrien. Nach israelischen Angaben war er der Drahtzieher zahlreicher Terrorattacken auf Israel, die von Syrien, dem Libanon und „der palästinensischen Sphäre“ aus verübt wurden. Auch Zahedis Stellvertreter Mohammad Hadji Hajriahimi soll getötet worden sein.

Mohammad Reza Zahedi soll bei dem Luftschlag getötet worden sein.
Mohammad Reza Zahedi soll bei dem Luftschlag getötet worden sein. © wikimedia CC BY 4.0 | Fars Media Corporation

Dass Israel hinter dem Schlag steckt, ist wahrscheinlich, auch wenn Israel sich nicht dazu bekennt. Die „New York Times“ nennt in einem Bericht aber vier verschiedene verlässliche israelische Quellen, die bestätigen, dass Jerusalem dahinter steckt. Ungewöhnlich ist, dass die USA sofort betonten, nicht vorab in die Pläne eingeweiht worden zu sein. Das deutet darauf hin, dass sie Angst vor iranischen Vergeltungsschlägen auf US-amerikanische Ziele in der Region haben. Teheran drohte mit „reziproken Handlungen“.

Womit muss man nun rechnen?

Verschiedene Szenarien sind möglich: Im besten Fall bleibt es bei relativ überschaubaren Angriffen – wie etwa Cyberattacken auf israelische Einrichtungen, die ohne große Auswirkungen bleiben. Manche Experten halten es für möglich, dass Israels Schlag in Damaskus vor allem einen Abschreckungseffekt haben wird – und dass der Iran heftige Reaktionen vermeidet, um den Verlust weiterer wichtiger Köpfe zu umgehen. Genau diesen Effekt bezweckt Israel mit seinen Attacken auf iranische Ziele.

Eine Mehrheit der Militärexperten hält eine Eskalation für wahrscheinlicher. Der frühere israelische Militärgeheimdienst-Chef Yossi Kupperwasser geht davon aus, dass der Schlag am Montag die iranischen Kapazitäten kaum nachhaltig schwächen wird. Und eine Eskalation könnte nicht nur Israel treffen, sondern auch die USA. Denn in Teheran glaubt man den amerikanischen Beteuerungen nicht, von dem Schlag nichts gewusst zu haben. „Amerika muss Antworten liefern“, sagte Außenminister Hossein Amirabdollahian am Dienstag.

Israelischer Angriff auf iranische Botschaft in Damaskus
Israelischer Angriff auf iranische Botschaft in Damaskus

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    Über einen Mangel an Optionen, was Racheakte gegen Israel betrifft, kann Teheran nicht klagen. Als wahrscheinlich gilt eine Kombination von Angriffen in mehreren Sphären. Verstärkte Attacken auf Israel vom Libanon aus sind äußerst wahrscheinlich. Es könnte aber auch zu einer Häufung von Angriffen seitens der Huthi-Milizen im Jemen kommen – zum Beispiel auf internationale Handelsschiffe oder auf den Süden Israels. Solche Attacken häuften sich zuletzt: Allein Montag und Dienstag verzeichnete Israels Armee zwei Drohnenangriffe im Großraum Eilat, der südlichsten Stadt Israels.

    Auch Angriffe von Syrien aus müssen einkalkuliert werden. Dort hat der Iran schon seit Beginn des Gazakriegs massiv in den Aufbau von Milizen investiert, die nur ein Ziel haben: Israel anzugreifen. Bereits Ende Oktober des vergangenen Jahres hat der Führer der iranischen Al-Kuds-Brigade im Süden Syriens, also in unmittelbarer Grenznähe zu Israel, eine „gemeinsamen Kommandozentrale“ eingerichtet – mit dem Ziel, die verschiedenen iran-treuen Milizen im Kampf gegen Israel zu koordinieren.

    Dieses mit einem Mobiltelefon aufgenommenen Foto zeigt ein zerstörtes Gebäude auf dem Gelände der iranischen Botschaft in Damaskus.
    Dieses mit einem Mobiltelefon aufgenommenen Foto zeigt ein zerstörtes Gebäude auf dem Gelände der iranischen Botschaft in Damaskus. © DPA Images | Hummam Sheikh Ali

    Welches Ziel verfolgt Irans Führung?

    Die Strategie Teherans ist nicht, Israel mit einem einzigen verheerenden Schlag anzugreifen. Eher geht es darum, in einer langen, zähen Kampagne gegen den Erzfeind die militärischen Kapazitäten auszubluten. Und zwar mit den vereinten Kräften der sogenannten „Achse des Widerstands“, die sich nicht nur vom Iran aus über Syrien, den Libanon, Irak und Jemen spannt, sondern auch Milizen in Nordafrika und sogar in Afghanistan und Pakistan umfasst.

    Selbst in Europa muss man sich auf mögliche Attacken einstellen – und zwar auf israelische Ziele vor Ort. Israel hat die Sicherheitsstufe für zahlreiche diplomatische Vertretungen erhöht. Auch israelische Bürger oder Unternehmen müssen in den kommenden Wochen und Monaten vorsichtig sein. Israel rät beispielsweise den israelischen Besuchern des Eurovision-Songcontests im schwedischen Malmö Anfang Mai, sich als Bürger anderer Staaten auszugeben, um sich vor gewaltsamen Übergriffen zu schützen.

    Was befeuert die Wut auf Israel?

    Im arabischen Raum sorgt Israels Entscheidung für Empörung, den TV-Ableger des Senders Al Jazeera im Land zu schließen. Israel beschuldigt Al Jazeera, Falschinformationen und Hetze im Gazakrieg zu veröffentlichen. Im Eilverfahren wurde daher ein Gesetz verabschiedet, das es der Regierung ermöglicht, per Erlass einen Sender mitsamt Senderinfrastruktur zu schließen, wenn dessen Inhalte Israels Sicherheit zu gefährden drohen.

    Der Sender mit Hauptquartier in Katar ist auch für viele Palästinenser und israelische Araber eine wichtige Informationsquelle im Krieg, da er seinen Fokus auf palästinensische Opfer legt. Diese spielen in der Berichterstattung im israelischen Fernsehen eine untergeordnete Rolle. Das neue Gesetz wird auch von israelischen zivilgesellschaftlichen Nichtregierungsorganisationen scharf kritisiert und als demokratiefeindliche Medienzensur gesehen.

    Ein Luftschlag auf einen Hilfskonvoi in Gaza trübt zudem Israels Beziehungen zu seinen Unterstützern im Westen. Mindestens sieben Tote soll der Schlag auf Fahrzeuge der internationalen Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) im Gazastreifen gefordert haben – darunter auch freiwillige Helfer aus den USA, Kanada, Großbritannien und Polen. Israels Armee bezeichnet den Vorfall in einem Pressestatement als „tragischen Zwischenfall“ und betonte den „wichtigen Beitrag“, den WCK leiste. Man habe eine „gründliche Untersuchung auf höchster Ebene“ eingeleitet.

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