Berlin/New York. Die Lage im Gazastreifen wird immer dramatischer. Nun fordert der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Waffenruhe – mit Folgen?

Fast sechs Monate ist es her, dass der Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hat. Nun hat der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen erstmals eine „sofortige Waffenruhe“ in der umkämpften Region gefordert. Zudem verlangt er die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der Terrororganisation festgehaltenen Geiseln.

Die USA, die im Sicherheitsrat ein Veto-Recht hat und erst am Freitag eine Resolution über eine Waffenruhe zur Abstimmung gebracht hatte und damit gescheitert war, enthielt sich. Die 14 übrigen Mitglieder des Gremiums stimmten dafür. Durch den völkerrechtlich bindenden Beschluss steigt der internationale Druck auf die Konfliktparteien Israel und die Hamas weiter.

Es ist jedoch fraglich, ob oder inwieweit die Resolution Einfluss auf Entscheidungen der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu oder der Hamas zum weiteren Kriegsverlauf haben wird. Netanjahu drohte unmittelbar vor der Abstimmung bereits damit, dass er die geplante Reise zweier seiner Abgesandten nach Washington kurzfristig absagen werde, sollten die USA ihre Vetomacht nicht nutzen, um die Resolution zu verhindern. Auch ein Einlenken der Hamas scheint unwahrscheinlich.

Waffenruhe im Gazastreifen: USA verhinderten lange eine UN-Resolition

Bemühungen um eine Forderung des Weltsicherheitsrats nach einer Waffenruhe waren bislang vor allem am Widerstand der Vetomacht USA gescheitert. Seit Kriegsbeginn im Oktober vergangenen Jahres hatte Washington sich als engster Verbündeter Israels gegen eine Waffenruhe gewandt und drei Vetos gegen entsprechende Resolutionen eingesetzt. Allenfalls forderten US-Vertreter kürzere „Feuerpausen“.

Angesichts der steigenden Zahl ziviler Opfer und einer drohenden Hungersnot verstärkten die USA zuletzt aber den Druck auf Israel. Auch US-Präsident Joe Biden äußerte sich zunehmend kritisch. Am Freitag vollzog Washington die Kehrtwende und forderte in einer Resolution erstmals „eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe“ im Gaza-Krieg. Doch Russland und China legten ihr Veto ein. Die Beschlussvorlage ging Moskau und Peking nicht weit genug – in ihren Augen war der Text unter anderem zu proisraelisch und stellenweise nicht ausreichend verbindlich.

Der nun angenommene knappe Resolutionstext konzentriert sich auf die Forderung nach „einer von allen Seiten respektierten sofortigen Waffenruhe für den (islamischen Fastenmonat) Ramadan“. Dies solle zu einer „dauerhaften und nachhaltigen Waffenruhe“ führen, hieß es in dem Text. Zudem fordert die Beschlussvorlage die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln und betonte die „große Sorge angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen“. Die Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung müssten ausgebaut werden.

UN: Trotz Warnungen vor Hunger in Gaza nicht mehr Hilfslieferungen
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    UN-Resolution vermutlich ohne Folgen für Israel

    Die Resolution war von nichtständigen Mitgliedern des UN-Gremiums eingebracht worden. Eine erste geplante Abstimmung am Samstag dazu war kurzfristig verschoben worden, um mehr Zeit für Verhandlungen zu gewinnen. Ein Diplomat erklärte vorab, insbesondere mit den USA sei intensiv verhandelt worden.

    Eine Resolution im Weltsicherheitsrat braucht die Stimmen von mindestens 9 der 15 Mitgliedsstaaten. Zudem darf es kein Veto der ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Frankreich oder Großbritannien geben. Beschlüsse des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend. Wenn ein betroffener Staat sie ignoriert, kann das Gremium Sanktionen verhängen – was im Falle Israels wegen der Vetomacht der USA nicht als wahrscheinlich gesehen wird.