Berlin. Statt mit Bargeld sollen Asylbewerber künftig mit Guthabenkarten bezahlen, doch es gibt Streit über die Details – mit ersten Folgen.

Die flächendeckende Ausgabe von Bezahlkarten an Asylbewerber in Deutschland wird noch mehrere Monate auf sich warten lassen. Das machte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), am Mittwoch nach einem Treffen mit seinen Länderkollegen sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin deutlich. Rhein sagte, er hoffe, dass es beim nächsten regulären Treffen der Runde in der zweiten Juni-Hälfte mehr Klarheit über den Start der Bezahlkarte geben werde. „Ich möchte gern, dass wir ab dem Sommer einführen.“

Asylbewerber sollen künftig kaum noch Bargeld erhalten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Vielmehr ist geplant, dass die Behörden ihnen Bezahlkarten aushändigen, mit denen sie dann in Geschäften Waren des täglichen Bedarfs kaufen können. Bund und Länder hatten sich im vergangenen November grundsätzlich auf die Einführung von Bezahlkarten verständigt. Sie hoffen, auf diese Weise die Zahl der Flüchtlinge senken zu können. Das Kalkül: Wenn Asylbewerber kein Bargeld mehr erhalten, können sie auch kein Geld in ihre Heimatländer überweisen oder Schlepper bezahlen und machen möglicherweise einen Bogen um Deutschland.

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Für die Karten sind die Bundesländer zuständig. 14 von ihnen haben sich auf gemeinsame Standards verständigt, die Suche nach einem Systembetreiber ist angelaufen. Die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Bayern gehen bei der Bezahlkarte eigene Wege. Der Bund will das Asylbewerberleistungsgesetz anpassen, am vergangenen Freitag billigte das Kabinett einen Gesetzentwurf dazu. Nach der Einführung der Karten sollen Asylbewerber nur geringe Mengen Bargeld am Automaten abheben können, Hamburg und Bayern planen mit einem Betrag von 50 Euro pro Monat. In diesen beiden Ländern ist die Karten-Ausgabe bereits angelaufen.

Bezahlkarte: Zwei Bundesländer gehen eigene Wege

Länderchefs und Kanzler betonten am Mittwoch nach ihrem Treffen die Gemeinsamkeiten in der Asylpolitik und die Fortschritte, die in den vergangenen Monaten erzielt werden konnten. Dies stand in scharfem Kontrast zu Äußerungen einzelner Länderchefs der jüngsten Zeit, die der Berliner Ampelkoalition vorwarfen, bei der Umsetzung von Bund-Länder-Beschlüssen nicht genug Tempo zu machen.

Kanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD), Hessens Regierungchef Boris Rhein (links, CDU) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (rechts, SPD) am Mittwoch nach dem Treffen in der hessischen Landesvertretung in Berlin.
Kanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD), Hessens Regierungchef Boris Rhein (links, CDU) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (rechts, SPD) am Mittwoch nach dem Treffen in der hessischen Landesvertretung in Berlin. © DPA Images | Michael Kappeler

So sagte Hessens CDU-Regierungschef Rhein als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch: „Natürlich kann man sich auch noch mehr vorstellen. Am Ende muss man sagen, haben wir sehr viel auf den Weg gebracht.“ Rhein betonte: „Bund und Länder sind handlungsfähig.“ Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil wiederum sprach von einem „sehr konsequenten Antritt gegen irreguläre Migration“ und ergänzte: „Es passiert sehr viel, es wird sehr viel umgesetzt.“ Unzufrieden mit dem Treffen äußerten sich hingegen die Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen.

Asyl: Druck auf Länder und Kommunen bleibt beträchtlich

Im vergangenen November hatten Kanzler Scholz und die Länder-Chefs umfangreiche Beschlüsse zur Asylpolitik gefasst, die Einführung der Bezahlkarte war nur einer davon. Es ging auch um höhere Zahlungen des Bundes an Länder und Kommunen, die Beschleunigung von Asylverfahren, schnellere Abschiebungen und die mögliche Auslagerung von Verfahren in Drittstaaten. Das Treffen der Ministerpräsidenten mit dem Kanzler am Mittwoch diente vor allem der Bestandsaufnahme. Scholz sagte: „Nur wenn wir gemeinsam die Aufgaben anpacken, wenn wir uns unterhaken, dann wird es gelingen.“

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    Der Druck auf die Länder und Kommunen in Sachen Flüchtlingen ist nach wie vor hoch, allein im vergangenen Jahr hatten in Deutschland rund 330.000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl gestellt. Das waren etwa 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zudem müssen rund eine Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine versorgt werden, die aber nicht unter das Asylrecht fallen.